Ersatzzwangshaft, Zwangshaft im Strafverfahrens, Zivilverfahren, Abgrenzung, Freiheitsentziehung, Unterbringungsbefehl, Gewahrsam, Zwangseinweisung

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  1. Die Ersatzzwangshaft / Zwangshaft
  2. Ersatzzwangshaft / Zwangshaft und verwandte präventive Freiheitsentziehungen
  3. KEIN STRAFRECHTLICHER HAFTBEFEHL: FREIHEITSENTZIEHUNG NACH AUFENTHALTSGESETZ
  4. KEIN STRAFRECHTLICHER HAFTBEFEHL: UNTERBRINGUNGSBEFEHL
  5. KEIN STRAFRECHTLICHER HAFTBEFEHL, SONDERN EINE ZWANGSEINWEISUNG
  6. KEIN STRAFRECHTLICHER HAFTBEFEHL: DIE VERSCHIEDENEN FORMEN DES GEWAHRSAMS
  7. Arten des Gewahrsams
  8. Rechtsgrundlage und Dauer des Gewahrsams
  9. Wann liegt welche Art der Freiheitsbeschränkung oder Freiheitsentziehung vor?
  10. Zivilrechtliche Zwangshaft / Ersatzzwangshaft
  11. Welche Art der Freiheitsentziehung liegt vor?

I. Die Ersatzzwangshaft / Zwangshaft

Die Ersatzzwangshaft / Zwangshaft im Zivilrecht ist von der Ersatzzwangshaft / Zwangshaft im Polizei- und Sicherheitsrecht, Verwaltungsverfahren, Strafverfahren oder anderen Rechtsgebieten und Verfahrensordnungen zu unterscheiden. 
Ersatzzwangshaft / Zwangshaft entspricht nicht der ErzwingungshaftBeugehaftOrdnungshaft im Zivilprozess nach §§ 380390 ZPO, im Strafprozess nach § 70 StPO, Finanzgerichtsordnung nach §§ 80, 82 FGO, im Verwaltungsprozess oder anderen Gerichts-  und Prozessordnungen unter Verweis auf die Regelungen in der ZPO und der allgemeinen Ordnung im Sitzungssaal bei Prozessen nach §§ 176 - 182 GVGArt 1, 5 - 9 EGStGB.  Das EGStGB gilt auch für Strafvorschriften nach Bundesgesetzen und Landesgesetzen, soweit diese nichts anderes regeln, jedoch nicht für Strafdrohungen im Wehrstrafgesetz und im Zivildienstgesetz.  Ferner hat die Ersatzzwangshaft nicht mit Ersatzfreiheitsstrafe gemein, da die Ersatzzwangshaft die Durchsetzung einer hoheitlichen oder gerichtlich festgestellten Maßnahme / Pflicht zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verfolgt und keinen Strafcharakter wie die Ersatzfreiheitsstrafe hat.

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II. Ersatzzwangshaft / Zwangshaft und verwandte präventive Freiheitsentziehungen
1. Kein strafrechtlicher Haftbefehl: Freiheitsentziehung nach dem Aufenthaltsgesetz

Freiheitsentziehung nach Aufenthaltsgesetz erfolgt auf richterliche Anordnung zur Sicherung der Abschiebung.

  • Vorbereitungshaft bis zu sechs Wochen zur Sicherung der Abschiebung, wenn über diese nicht sofort entschieden werden kann.
  • Sicherungshaft zur Sicherung der Abschiebung, wenn
    • ein Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist,
    • die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort gewechselt hat, ohne der Ausländerbehörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
    • ein Ausländer aus von ihm zu vertretenden Gründen zu einem für die Abschiebung angekündigten Termin nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde,
    • er sich in sonstiger Weise der Abschiebung entzogen hat oder
    • der begründete Verdacht besteht, dass er sich der Abschiebung entziehen will,
    • die Vollziehung der Freiheitsentziehung verhältnismäßig ist.

Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden; in Fällen, in denen der Ausländer seine Abschiebung verhindert, um bis zu zwölf Monate verlängert werden.

2. Kein strafrechtlicher Haftbefehl: Unterbringungsbefehl
Kein Haftbefehl, sondern ein Unterbringungsbefehl (§ 126 a StPO) angeordnet, wenn gleichzeitig

  • dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) begangen hat und
  • die öffentliche Sicherheit und Ordnung die einstweilige Unterbringung erfordert (z. B. bei Gefahr weiterer schwerwiegende rechtswidrige Taten) und
  • dringende Gründe für die Annahme bestehen, das Gericht werde wegen einer verminderten Schuldfähigkeit oder der Schuldunfähigkeit des Beschuldigten dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt anordnen und
  • die Vollziehung der Unterbringung verhältnismäßig ist.

Für weitere Informationen siehe Artikel Unterbringungsbefehl.

3. Kein strafrechtlicher Haftbefehl, sondern eine Zwangseinweisung

Kein Haftbefehl, sondern eine Zwangseinweisung in eine geschlossene Anstalt für 6 Wochen verlängerbar bis 3 Monate, nicht über 2 Jahre mit Unterbrechungen kann nach dem Psychischkrankengesetz (PsychKG) oder § 1906 BGB§§ 312 ff. FamG erfolgen, wenn

  • eine unmittelbare Selbstgefährdung vorliegt oder bei der Betreuung chronisch Kranker oder verwirrter Personen psychischen Störungen oder Erkrankungen mit einer akuten Selbstgefährdung auftreten und eine freiwillige verlässliche Behandlung nicht gesichert ist. Psychosomatische Störungen und Anorexie fallen in der Regel nicht unter die genannten Voraussetzungen, wohl aber unmittelbare suizidale Gefährdungen, Nichtbehandlung schwerster körperlicher Leiden, schwerste Verwahrlosung, die Gefahr einer schweren Verfestigung chronischer psychischer Störungen, Hilflosigkeit mit Gefahr des Verhungerns oder Erfrierens oder Herumirrens, z.B. bei. Demenz, chronischen Psychosen wie Schizophrenie oder schweren Suchtleiden.
  • Eine Einweisung aufgrund unmittelbarer Fremdgefährdung ist bei anders nicht abwendbarer akuter Gefahr, dass Dritte zu Schaden kommen, gegeben, z.B. wenn der Betroffene andere Personen durch krankhafte Verkennung angreift, unkontrolliert am Straßenverkehr teilnimmt oder massiv andere öffentliche Rechtsgüter gefährdet, z.B. aufgrund alkohol- oder drogenbedingter Störungen oder auch Persönlichkeitsstörungen.

4. Kein strafrechtlicher Haftbefehl: Die verschiedenen Formen des Gewahrsams
4.1 Formen des Gewahrsams
Präventivgewahrsam (Sicherungsgewahrsam, Sicherheitsgewahrsam, Unterbindungsgewahrsam, Verhütungsgewahrsam oder Vorbeugegewahrsam)

dient der Gefahrenabwehr, wenn es unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit zu verhindern; die Annahme, dass eine Person eine solche Tat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, kann sich insbesondere darauf stützen, dass

a) sie die Begehung der Tat angekündigt oder dazu aufgefordert hat oder Transparente oder sonstige Gegenstände mit einer solchen Aufforderung mit sich führt; dies gilt auch für Flugblätter solchen Inhalts, soweit sie in einer Menge mitgeführt werden, die zur Verteilung geeignet ist, oder
b) bei ihr Waffen, Werkzeuge oder sonstige Gegenstände aufgefunden werden, die ersichtlich zur Tatbegehung bestimmt sind oder erfahrungsgemäß bei derartigen Taten verwendet werden, oder ihre Begleitperson solche Gegenstände mit sich führt und sie den Umständen nach hiervon Kenntnis haben musste, oder
c) sie bereits in der Vergangenheit mehrfach aus vergleichbarem Anlass bei der Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit als Störer betroffen worden ist und nach den Umständen eine Wiederholung dieser Verhaltensweise zu erwarten ist, oder
Jedoch ist diese Maßnahme als ultima ratio zu verstehen. Im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessen-ausübung ist stets zu prüfen, ob es nicht mildere gleichwirksame oder bessere Maßnahmen / Minusmaßnahmen zur Verfügung stehen (z.B. Verbringungsgewahrsam).

In der Praxis wird mit dem Präventivgewahrsam vor allem den Dauerdelikten wie Hausfriedensbruch oder Fahren eines Kfz unter Drogen- oder Alkoholeinfluss begegnet.
  • Schutzgewahrsam wird angewandt, um eine Gefahr für ihr Leib und Leben abzuwenden, wenn die Person sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet. Eine allgemeine Gefahr reicht nicht aus. Vielmehr muss es sich um eine konkrete Gefahrenlage handeln. Hierbei ist die Polizei beispielsweise im Falle einer versuchten Selbsttötung, die als Unglücksfall i.S.d. § 323c StGB anzusehen ist (BGHSt 6, 147), nicht nur zum Einschreiten befugt, sondern sogar verpflichtet (vgl. VG Karlsruhe, NJW 1988, 1536, mit Anm. Herzberg, JZ 1988, 182; tlw. strittig).
  • VerbringungsgewahrsamDurchsetzungsgewahrsam kann dann unter Umständen mithilfe unmittelbaren Zwanges gegen den Willen der betroffenen Person durchgesetzt werden, um Personen gegen ihren Willen beispielsweise mit Dienstfahrzeugen an einen entfernten Ort verbracht, um die Fortdauer einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit zu verhindern. Diese Form des Gewahrsams ist nur zulässig, wenn andernfalls eine Gefahr für erhebliche Rechtsgüter droht (BayVGH, NVwZ 1991, 711). Insofern muss die Gefahr bereits konkret sein. Die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein. Zu beachten sind Wetter, körperlicher Zustand des Störers etc.
  • Zuführungsgewahrsam dient dazu Minderjährige, die sich der Obhut der oder des Sorgeberechtigten entzogen haben, wieder den Sorgeberechtigten, einer Fürsorgestelle oder dem Jugendamt zu zuführen. Der Zuführungsgewahrsam ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr, welche dem Wohl des Kindes bzw. Jugendlichen dient.
  • Rückbringungsgewahrsam dient dazu Personen, die dem Vollzug einer Untersuchungshaft oder einer Freiheitsstrafe entwichen sind, können ebenfalls in Gewahrsam genommen werden.

Der Betroffene ist dem Richter innerhalb von 48 Stunden vorzuführen und kann je nach den landesgesetzlichen Regelungen bis zu 7 Tage, in Bayern bis zu 14 Tagen in Gewahrsam gehalten werden.

4.2 Rechtsgrundlage und Dauer des Gewahrsams

Die Rechtsgrundlage ist in den Polizeigesetzen der Länder nominiert. Im Gegensatz zur polizeiliche Ingewahrsamnahme spätestens nach Ablauf des folgenden Tages (= spätestens nach 48 Stunden) enden muss, wenn kein Richter die Freiheitsentziehung durch Haftbefehl, Unterbringungsbeschluss, etc. bestätigt (Art. 104 Abs. 2 und 3 GG), kann durch einen Richter eine Verlängerung des Präventivgewahrsams (Sicherungs-gewahrsam, Sicherheitsgewahrsam, Unterbindungsgewahrsam, Verhütungsgewahrsam oder Vorbeugegewahrsam) nach den jeweils geltenden landesrechtlicher Regelungen  bis zu 14 Tagen anordnet werden. Die Höchstdauer des Gewahrsams ist je nach Bundesland abweichend (Baden-Württemberg: § 28 PolG (max. 14 Tage); Berlin: §§ 30, 31, 33 ASOG (max. 1 Tag); Niedersachsen: §§ 18, 19, 21 SOG (max. 10 Tage); Rheinland-Pfalz: §§ 14, 15, 17 Abs. 2 POG (max. 7 Tage)).

Der Präventivgewahrsams (Sicherungsgewahrsam, Sicherheitsgewahrsam, Unterbindungsgewahrsam, Verhütungsgewahrsam oder Vorbeugegewahrsam) wird damit begründet, dass durch die Ingewahrsamnahme die mittelbare / vermutete Gefahr der Verübung / Begehung einer Straftat durch die betroffene Person verhindert werde.

5. Wann liegt welche Art der Freiheitsbeschränkung oder Freiheitsentziehung vor?

Faktisch ist der Präventivgewahrsam wegen nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar drohender Straftaten eine Maßnahme des Feindstrafrechts und als Verletzung rechtsstaatliche Grundsätze und als zumindest verfassungsrechtlich bedenklicher Eingriff in die Freiheitsrechte zu werten, da es sich um eine Freiheitsentziehung ohne Straftat handelt. Der Prävention einer nicht konkretisierten Straftat wird der Vorrang vor dem Rechtsstaat eingeräumt.

Die Frage, ob ein Haftbefehl oder eine andere freiheitsentziehende Anordnung vorliegt, kann durch einen Rechtsanwalt beantwortet werden, der Akteneinsicht beantragt, verbunden mit der vorherigen Anfrage, ob bereits ein Ermittlungs-, Freiheitsentziehung-, Einweisungsverfahren etc. vorliegt. Auch hier kann aber - sofern die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind - die Akteneinsicht verweigert werden. 

Liegt ein Haftbefehl vor, haben die Polizeibeamten Zugriff auf die Daten, vorausgesetzt die jeweiligen Staaten haben das Schengener Abkommen unterzeichnet. Dänemark gehört zu diesen Ländern. Neben Nachnamen, Vornamen, Aliasnamen, Geburtsdatum, Geburtsort, Geschlecht und Nationalität steht auch der Grund der Eintragung im Schengener Informationssystem (SIS), also auch der Haftbefehl. Des Weiteren werden dort Besonderheiten vermerkt wie die Tatsache, ob die Person tätowiert, gewalttätig, bewaffnet ist etc.. Die Auslieferung richtet sich nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen und wird danach auch von den Ländern der Ostblockstaaten durchgeführt.

III. Zivilrechtliche Zwangshaft / Ersatzzwangshaft

Die zivilrechtliche Ersatzzwangshaft / Zwangshaft ist von der Ordnungshaft, Beugehaft Erzwingungshaft im Zivilrecht, Strafrecht, Verwaltungsrecht, Steuerrecht, Familienrecht und allen anderen Verfahrens- und Prozessordnungen zu unterscheiden.

Die Ersatzzwangshaft / Zwangshaft zur Durchsetzung unvertretbarer Handlungen nach §§ 888901 ZPO oder Duldungs- und Unterlassungsverfügung nach § 890 ZPO kann bis zu 6 Monate bzw. unterbrochen bis insgesamt 2 Jahre ( 890 Abs. 1 Satz 2 ZPO) gerichtlich angeordnet werden. 

Nach § 888 ZPO dienen Zwangsgeld und Zwangshaft der Zwangsvollstreckung einer Verpflichtung des Schuldners zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung (z.B. Abgabe der eidesstattlichen Versicherung). Nach § 888 ZPO dienen Zwangsgeld und Zwangshaft der Zwangsvollstreckung einer Verpflichtung des Schuldners zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung (z.B. Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (§ 901 ZPO) einer Willenserklärung, Zustimmung, Genehmigung oder Zeugnisses im ArbeitsrechtFamilienrecht.

Herausgabe von Gegenständen oder eines Kindes (§ 1632 BGB), wenn dies nur durch die verpflichtete Person herausgegeben werden kann, weil der Aufenthalt des Gegenstandes oder des Kindes unbekannt ist.

Weiterhin gehören hier die Unterlassungs-, Regelungsverfügungen, Duldungsverfügungen nach § 890 ZPO dem WettbewerbsrechtUrheberrecht 
(Abmahnungen), Arbeitsrecht, Presserecht, allgemeinen Zivilrecht (§ 901 ZPO) einer Willenserklärung, Zustimmung, Genehmigung oder Zeugnisses im ArbeitsrechtFamilienrecht (Sorgerecht für das Kind, Aufenthaltsbestimmungsrecht, etc.).

IV. Welche Art der Freiheitsentziehung liegt vor?

Diese Frage kann Ihnen nur der Rechtsanwalt im konkreten Fall und manchmal erst nach Akteneinsicht sagen. 

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