Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte (§ 114 StGB) und Ihnen gleichgestellte Personen (§ 115 StGB)

Unsere Empfehlung:

  • Bei dem Vorwurf des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte kann eine frühe anwaltliche Beratung das Ermittlungsverfahren zur Einstellung bringen. Zu spät ist es fast nie.

Sofort-Kontakt:

LAUENBURG | KOPIETZ | HERZOG | HOFFMANN
     Rechtsanwälte     Strafverteidigung

Tel.: 040 / 39 14 08 (Rückruf-Service)
oder Anwaltsnotdienst außerhalb unserer Bereitschaften

JETZT TERMIN VEREINBAREN

E-Mail: lauenburg@ihr-anwalt-hamburg.de oder Kontaktformular 

Anfahrt mit dem Pkw oder ÖVPN.

I. Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungbeamte
1. Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte (§§ 113 ff. StGB)
2. Objektiver Tatbestand des § 113 Abs. 1 StGB
2.1. Tatobjekt: Vollstreckungsbeamte
2.2. Was sind Vollstreckungsbeamte?
2.3. Tatsituation: Vornahme einer Vollstreckungshandlung
2.4. Tathandlung: Widerstand leisten
3. Subjektiver Tatbestand: Vorsatz bezüglich des Widerstands gegen die Vollstreckungshandlung des Vollstreckungsbeamten
4. Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung, § 113 Abs. 3, 4 StGB
5. Strafzumessung: besonders schwere Fälle des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamten gemäß § 113 Abs. 2 StGB

II. Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte
1. Die Tatbestandsvoraussetzungen für tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte?
2. Tatobjekt: Vollstreckungsbeamte oder Ihnen gleichgestellte Personen
2.1. Was sind Vollstreckungsbeamte?
2.2 Vollstreckungsbeamten gleichstehende Personen (§ 115 StGB)
3. Was ist ein tätlicher Angriff?
4. Strafe bei tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte
5. Problematik hohe Strafandrohung
6. Unsere besondere Sachkenntnis und Erfahrung ist Ihre beste Verteidigung

Wir verteidigen Sie bundesweit in allen Bereichen des Strafrechts, insbesondere im Bereich des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und des Vorwurfs des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte gemäß § 114 StGB und dieser gleichgestellten Personen gemäß § 115 StGB.  

Die in den §§ 113 – 115 StGB geregelten Tatbestände erfassen Widerstandshandlungen in Vollstreckungssituationen (§ 113 StGB) und Tätlichkeiten gegenüber Vollstreckungsbeamten (§ 114 StGB) sowie eine Reihe weiterer, diesen gleichgestellten Personen (§ 115 StGB).

1. Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte (§§ 113 ff. StGB)

Gemäß §§ 113–115 StGB werden Widerstandshandlungen bei Vollstreckungsmaßnahmen und in Vollstreckungssituationen (§ 113 StGB), Tätlichkeiten gegenüber Vollstreckungsbeamten (§ 114 StGB) sowie Vollstreckungsbeamten gleichgestellte Personen (§ 115 StGB) unter Strafe gestellt.

Das Schutzgut sind gemäß § 113 StGB einerseits staatliche Vollstreckungshandlungen, andererseits die dazu berufenen Personen. Ohne eine gegen den Täter gerichtete polizeiliche Maßnahme wird der tätliche Angriff gemäß § 114 StGB zum Schutz der zur Vollstreckung berufenen Beamten unter Strafe gestellt.

Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 StGB

Der Straftatbestand des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte bei der Vornahme von Vollstreckungshandlungen gemäß § 113 StGB ist ein unechtes Unternehmensdelikt. Dies bedeutet, es kommt nicht auf den Taterfolg an, sondern nur darauf, dass dieser Taterfolg in Form des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte bei der Vornahme von Vollstreckungshandlungen beabsichtigt war oder beabsichtigt wird.

2. Objektiver Tatbestand des § 113 Abs. 1 StGB

Tatobjekt sind Vollstreckungsbeamter oder diesem gleichgestellte Personen (§ 115 StGB).

Die Tat muss bei Vornahme einer Vollstreckungshandlung vorgenommen werden.

Die Tathandlung besteht im Leisten des Widerstandes gegen die Vollstreckungshandlung.

2.1. Tatobjekt: Vollstreckungsbeamte

Der Zweck und der Schutzbereich gemäß § 113 StGB sind Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB sowie Soldaten der Bundeswehr, soweit sie als Vollstreckungsbeamte tätig werden, z.B. zur Vollstreckung von polizeilichen Maßnahmen, Verwaltungsakten, Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen bzw. berechtigt sind.

2.2. Was sind Vollstreckungsbeamte?

Vollstreckungsbeamte sind Personen, zu deren Aufgabe es gehört, den in Gesetzen, Verordnungen, Verwaltungsakten, polizeilichen oder ordnungsrechtlichen Maßnahmen usw. zum Ausdruck kommenden hoheitlichen Willen gegebenenfalls durch Zwang im Einzelfall durchzusetzen oder zur Durchsetzung zu verhelfen.

Vollstreckungsbeamte sind u.a. Polizisten, Gerichtsvollzieher und Richter. Die gesetzesvollstreckende Tätigkeit muss nicht der zentrale Gegenstand der Tätigkeit sein. Vielmehr kann die Durchführung einer Vollstreckungsmaßnahme Teil der ausgeübten Tätigkeit sein etwa Ausübung des Hausrechts im öffentlich rechtlichen Bereich oder sitzungspolizeiliche Maßnahmen eines Richters z.B. in Form der Durchsetzung der Strafprozessordnung.

Der Kreis der geschützten Personen wird gemäß § 115 StGB auf Sanitäter, den angestellte Ordnungsdienstleister, öffentliche Parküberwachungsangestellte erweitert.

2.3. Tatsituation: Vornahme einer Vollstreckungshandlung

Der Wortlaut der Norm erfasst Vollstreckungsbeamte bei der Vornahme bzw. Umsetzung „einer solchen Diensthandlung“. Es genügt nicht jede Diensthandlung eines Vollstreckungsbeamten, sondern es muss eine konkrete Vollstreckungshandlung vorliegen, bei der im Einzelfall der bereits konkretisierte Staatswille – nötigenfalls mit Zwangsmitteln – gegenüber Personen oder Sachen durchgesetzt werden soll.

Erfasst werden präventive – vorbeugende – Maßnahmen z.B. der Gefahrenabwehr, der Sicherung von Leben, Gesundheit, Eigentum etc.  und repressive – unterdrückende, z.B. der Strafverfolgung dienende – Eingriffsmaßnahmen der Polizei, die sich aufgrund einer Gefahrenprognose oder eines Tatverdachts gegen bestimmte Personen richten. Das sind Maßnahmen der Identitätsfeststellung, Wegweisung, Durchsuchung, Sicherstellung, Beschlagnahme, vorläufigen Festnahme, Einweisung, die zwangsweise Durchsetzung einer Blutentnahme, erkennungsdienstliche Behandlung, DNA-Probe oder das Anhaltegebot eines Polizeibeamten gemäß § 36 Abs. 5 StVO gegenüber verkehrswidrig handelnden Personen sowie die Vollstreckungstätigkeit eines Gerichtsvollziehers, Jägers, öffentlich-rechtlich angestellten Hausmeisters usw. Bei Streifenfahrten der Polizei oder dem Begleiten eines Demonstrationszugs durch die Polizei oder der Beobachtung von Personengruppen, von denen möglicherweise Straftaten ausgehen, handelt es sich noch nicht um Vollstreckungshandlungen.

In zeitlicher Hinsicht erfasst sind Tathandlungen „bei“ der Vornahme einer Vollstreckungshandlung. Diese muss unmittelbar bevorstehen oder noch andauern und darf folglich noch nicht beendet sein. Über die eigentliche Vollstreckungshandlung hinaus wird gleichfalls Handeln von Vollstreckungsbeamten erfasst, dass sich im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Vollstreckungshandlung vorgenommen wird und mit der Vollstreckungshandlung eine Einheit bildet.

Darunter fallen die Rückkehr von Polizeibeamten zum Dienstfahrzeug nach einem Einsatz, der Abtransport von sachlichen Hilfsmitteln. Ein zeitlich weit vor der Vollstreckungshandlung liegendes Festkleben auf einer Straße, um die später erwartete polizeiliche Räumung der Fahrbahn zu erschweren, dürfte tatbestandlich nicht erfasst werden. Anders beurteilt dies das Kammergericht Berlin, welches das Festkleben der Hände auf dem Asphalt mit Sekundenkleber noch vor Beginn einer kurz darauffolgenden Vollstreckungshandlung als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte einordnet.

2.4. Tathandlung: Widerstand leisten

Zur Erfüllung des Tatbestandes muss gegen die Vollstreckungshandlung Widerstand mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt geleistet werden.

Widerstand leisten:

Widerstand leistet, wer gegenüber Vollstreckungsbeamten ein aktives, nötigendes Verhalten an der Tat legt, mit dem eine Behinderung oder Erschwerung der Diensthandlung bezweckt wird.

Bei dem Tatbestand des Widerstands gegen oder tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte handelt es sich, wie oben ausgeführt, um ein unechtes Unternehmensdelikt und nicht um ein Erfolgsdelikt. Dies bedeutet, dass es auf einen Widerstandserfolg nicht ankommt, sondern erfolglose Widerstandshandlungen zur Tatbestandserfüllung und Strafbarkeit ausreichen. Passive Tätigkeiten zur Erschwerung oder Verhinderung einer Diensthandlung wie Sitzblockaden oder die bloße Verweigerung der Mitwirkung erfüllen nicht den Tatbestand des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte.

Der Widerstand wird mit Gewalt geleistet, wenn er durch eine körperliche Kraftausübung erfolgt, die gegen die Person des Vollstreckungsbeamten gerichtet ist und für ihn körperlich wahrnehmbar ist. Einwirkungen auf Sachen sind nur dann ausreichend, wenn sie zumindest mittelbar auf die Person des Vollstreckungsbeamten wirken.

Ein Widerstand mit Gewalt liegt beim Zufahren mit dem Pkw auf eine Polizeikontrolle vor, bei dem die Beamten zur Seite springen müssen. Gleiches gilt für die Blockade beim Vollzug einer polizeilichen Maßnahme.

Die bloße Missachtung eines Haltezeichens der Polizei ohne Zufahren auf die Polizei zum Zwecke der Flucht vor der Polizei ist kein Widerstand mit Gewalt gegen Vollstreckungsbeamte bei einer Polizeikontrolle, auch wenn dabei andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden. Es könnte jedoch eine Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315c StGB oder ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b StGB vorliegen. Bloßes Sitzenbleiben und unkooperatives Verhalten bei Vollstreckungshandlungen ist gleichfalls kein Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Die Grenze zur Gewaltanwendung ist in der Regel überschritten, wenn sich die Person gegen die Vollstreckungshandlungen richtet, mehr als nur das eigene Körpergewicht einsetzt, sich an Objekten festhält oder festkettet oder sich gegen die Laufrichtung der Vollstreckungsbeamten stemmt.

Nach der Rechtsprechung wird das Festkleben auf einer Straße im Rahmen von Klimaprotesten als vergleichbar mit Festketten als ein gewalttätiges Widerstandleisten angesehen. Das Festkleben richtet sich einer vertretenen Meinung nach nicht unmittelbar gegen die zur Räumung eingesetzten Beamten und ist für diese auch nur mittelbar spürbar. Demnach soll das Festkleben durch die Demonstrierenden noch die Räumung einen erheblichen Kraftaufwand bedingen, sodass keine Vergleichbarkeit mit dem Festketten bestehe. Eine Auslegung als gewaltsames Handeln würde wie etwa bei dem Tatbestand der Nötigung jede Widerstandshandlung erfassen und damit das Tatbestandsmerkmal der Gewalt seines tatbestandsdefinierenden Sinns entleeren.

Unter der Drohung mit Gewalt wird die Ankündigung der Ausübung von Gewalt verstanden. Die Auslegung erfolgt parallel zur Drohung in § 240 StGB, wobei hier die Drohung mit anderen empfindlichen Übeln nicht ausreichend ist.

Andererseits können „Klimakleber“ teilweise nur durch Aufflexen der Fahrbahn zeitnah entfernt werden.

3. Subjektiver Tatbestand: Vorsatz bezüglich des Widerstands gegen die Vollstreckungshandlung des Vollstreckungsbeamten

Der Vorsatz, d.h. das Wissen und Wollen, muss alle objektiven Tatbestandsmerkmale – Vollstreckungsbeamte, Vollstreckungshandlung, Widerstand leisten – umfassen. Irrtümer über die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Tatbestandsmerkmale kann bei Feststellung eines Tatbestandsirrtum gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 StGB zur Straffreiheit führen. Der Irrtum bezüglich der Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung wird gemäß § 113 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 StGB abschließend geregelt.

4. Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung, § 113 Abs. 3, 4 StGB

Der Schutzbereich des § 113 StGB schützt nur rechtmäßige Diensthandlungen. Gemäß § 113 Abs. 3, Abs. 4 StGB regeln die Rechtsfolgen fehlender oder irrtümlich angenommener bzw. verkannter Rechtmäßigkeit.

Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung ist eine objektive Bedingung der Strafbarkeit, § 113 Abs. 3 S. 1 StGB

Nach § 113 Abs. 3 S. 1 StGB entfällt die Strafbarkeit, wenn die Vollstreckungshandlung nicht rechtmäßig war (S. 1). Dies gilt selbst dann, wenn der Täter sie irrtümlich für rechtmäßig hielt (S. 2).

Wichtig ist, dass der Maßstab zur Bestimmung der Rechtmäßigkeit nicht das zugrunde liegende Verwaltungs-, Vollstreckungs- oder Strafprozessrecht ist, sondern der strafrechtliche Maßstab bei Vollzug der Maßnahme. Dies bedeutet, dass der Vollstreckungsbeamte ausschließlich die formellen Voraussetzungen der Maßnahme oder des Eingreifens wie die sachliche und die örtliche Zuständigkeit, die wesentlichen Förmlichkeiten und das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen pflichtgemäß prüfen muss, nicht jedoch, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Maßnahme wie ein nicht auf den ersten Blick fehlerhaftes Urteil, ein fehlerhafter Verwaltungsakt, ein verfassungswidriges Gesetz oder eine rechtswidrige Verordnung vorliegen.

Beispiel: Liegen die Voraussetzungen für den Vollzug eines Rückbaus eines Schwarzbaus, eines Bußgeldbescheid oder eines Ordnungswidrigkeitsbescheids, einer Abschiebung nicht vor und wird der zuständige Vollstreckungsbeamte bzw. die Polizei mit dem Vollzug der Abschiebung beauftragt, liegt nach der Rechtsprechung dennoch eine rechtmäßige Vollstreckungshandlung gemäß § 113 Abs. 2 StGB vor, wenn der zuständige Vollstreckungsbeamte oder die Polizei unter Einhaltung der wesentlichen Förmlichkeiten und Ausübung des bestehenden Ermessens pflichtgemäß ausführt. Leistet der Betroffene gegen die Vollstreckung der rechtswidrigen Maßnahme Widerstand, entfällt die Strafbarkeit trotz der materiellen Rechtswidrigkeit der Maßnahme nach dem strafrechtlichen Rechtswidrigkeitsbegriff nicht.

Dem Vollstreckungsbeamten wird also ein Irrtumsprivileg zugestanden, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen der Maßnahme falsch beurteilt wurden und nicht gegeben waren. Bei fahrlässiger Verkennung der rechtlichen Voraussetzungen der Eingriffsbefugnis oder der tatsächlichen Voraussetzungen gilt das nicht.

Nach dem Bundesverfassungsgericht ist im Rahmen des Irrtumsprivilegs der Grundrechtsschutz z.B. der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG), des Versammlungsrechts (Art. 8 GG) zu beachten.

5. Strafzumessung: besonders schwere Fälle des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamten gemäß § 113 Abs. 2 StGB

Gemäß § 113 Abs. 1 StGB ist bei Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte der Strafrahmen von Geldstrafe bis 3 Jahre Freiheitsstrafe eröffnet.

Gemäß § 113 Abs. 2 StGB liegt ein besonders schwerer Fall des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte vor, wenn

gemäß § 113 Abs. 2 Nr. 1 StGB der Beschuldigte eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, ohne dass es auf eine Verwendung im konkreten Fall wie bei § 224 StGB ankommt,

gemäß § 113 Abs. 2 Nr. 2 StGB der Beschuldigte billigend in Kauf nimmt, den Vollstreckungsbeamten durch Angriff mit unmittelbarem Körperkontakt in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung zu bringen.

gemäß § 113 Abs. 2 Nr. 3 StGB die Widerstandshandlung gemeinschaftlich begangen wird.

Der besonders schwere Fall des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte wird mit 6 Monate bis  Jahre bestraft.

II. Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte

1. Die Tatbestandsvoraussetzungen für tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte?

Wer einen Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei einer Diensthandlung tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

2. Tatobjekt: Vollstreckungsbeamte oder Ihnen gleichgestellte Personen

Durch den Straftatbestand sollen Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB sowie Soldaten der Bundeswehr, soweit sie als Vollstreckungsbeamte tätig werden, also im Einzelfall zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen sind, und gemäß § 115 StGB Ihnen gleichgestellte Personen – dazu siehe unten – geschützt werden.

2.1. Was sind Vollstreckungsbeamte?

Vollstreckungsbeamte sind Personen, zu deren Aufgabe es gehört, dem in Gesetzen usw. zum Ausdruck kommenden hoheitlichen Willen gegebenenfalls durch Zwang im Einzelfall zur Durchsetzung zu verhelfen. Bosch, in: MüKo-StGB, Bd. 3, 4. Aufl. (2021), § 113 Rn. 10.

2.2 Vollstreckungsbeamten gleichstehende Personen (§ 115 StGB)

§ 115 StGB erweitert den persönlichen Schutzbereich der §§ 113, 114 StGB und stellt drei weitere Personengruppen den Vollstreckungsbeamten gleich.

Insbesondere Piloten, Jägern, Jagd- und Fischereiaufseher sind Personen, die nach § 115 Abs. 1 StGB, ohne Amtsträger zu sein, Rechte und Pflichten von Polizeibeamten haben oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sind.

Von § 115 Abs. 2 StGB erfasst sind Personen, die zur Unterstützung bei der Diensthandlung hinzugezogen sind. Beispielhaft genannt sei hier das medizinische Personal bei körperlichen Untersuchungen gem. § 81a StPO oder Mitarbeiter*innen privater Abschleppdienste, die im Auftrag der Polizei Fahrzeuge abschleppen.

§ 115 Abs. 3 StGB erweitert den Anwendungsbereich der §§ 113, 114 StGB um die dort genannten professionellen Hilfeleistenden. Zuletzt erweitert um Hilfeleistende des ärztlichen Notdienstes und der Notaufnahme.

3. Was ist ein tätlicher Angriff?

Ein tätlicher Angriff ist jede mit feindseligem Willen unmittelbar auf den Körper des Beamten zielende Einwirkung, unabhängig von ihrem Erfolg. Angesichts der nach dem Gesetz zwingenden Freiheitsstrafe, denn eine Geldstrafe ist nur unter den Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 StGB möglich, muss die Einwirkung eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten oder eine Eignung zur Rechtsgutsverletzung aufweisen. Dennoch hält der Bundesgerichtshof eine Einschränkung nicht für erforderlich. Unklar ist etwa, wenn die Handlung bereits zur Verletzung der durch die Norm geschützten individuellen Rechtsgüter der Vollstreckungsbeamten ungeeignet ist, etwa bei einem leichten Rempeln oder Schubsen. Eine Begrenzung des Tatbestandes, wie bei der Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB, nach der bloße Bagatellen vom Tatbestand auszunehmen sind, hat sich bisher – leider – nicht durchgesetzt.

Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Vollstreckungsbeamte sich in einer Vollstreckungssituation befindet. Erfasst sind somit – zusätzlich zu den durch § 113 StGB erfassten Vollstreckungshandlungen – auch allgemeine Diensthandlungen wie Streifenfahrten, Vernehmungen, Befragungen oder Unfallaufnahmen.

Beispiel: Ein Streifen oder Anrempeln eines Polizeibeamten: Ein fahrlässiges oder leichtes Anrempeln ohne Verletzungseignung bzw. Erheblichkeit erfüllt nicht den Tatbestand. Ein vorsätzliches Anrempeln, welches  den Polizeibeamten hinfallen lässt oder schmerzhaft ist. Ein weiteres Beispiel ist das Anspucken des Polizeibeamten auf die Kleidung – kein tätlicher Angriff, aber Beleidigung – oder ins Gesicht bei vorhandener Infektionskrankheit – tätlicher Angriff, gefährliche Körperverletzung und Beleidigung liegen vor.

Soweit die Diensthandlung eine Vollstreckungshandlung im Sinne des § 113 Abs. 1 StGB ist, gelten die Regelungen zur Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung entsprechend, § 114 Abs. 3 StGB.

Dies bedeutet, dass alle Lebenssachverhalte, in denen Amtsträger bei Vornahme einer befugten Diensthandlung, insbesondere die Polizei und der Zoll bei Kontrollen, Streifenfahrten auf der Straße und Vollstreckung von Maßnahmen wie Durchsuchung, Sicherstellung, Beschlagnahme, Personenkontrolle, Unfallaufnahmen oder Befragungen, aber auch bei der untätigen Präsenz oder Vollstreckungshandlungen gegenüber Dritten tätlich angegriffen werden, erfasst werden. Es bedarf nämlich im Gegensatz zur Strafbarkeit gemäß § 113 StGB keiner Vornahme einer konkreten Vollstreckungsmaßnahme gegen den Täter. Der Tatbestand ist vielmehr bereits dann erfüllt, wenn durch die Handlung eine unmittelbar auf den Körper zielende feindselige Einwirkung durch einen körperlichen Angriff oder aktive Widerstandshandlungen erfolgt. Geht es nach dem Willen der polizeilichen Interessenvertreter, soll ein vorsätzliches, d. h. bewusstes und gewolltes Zur-Seite-Drängen des Amtsträgers für die Tatbestandserfüllung genügen. Ein Körperverletzungsvorsatz ist nach der fragwürdigen oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung nicht einmal erforderlich.

Der Tatbestand entfällt in diesem Fall nur, wenn die hoheitliche Maßnahme rechtswidrig ist.

Besonders häufig wird der Vorwurf erhoben im Kontext der Fußballfanszene und bei Demonstrationen.

4. Strafe bei tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte

Der tätliche Angriff auf Vollstreckungsbeamte wird je nach den Umständen und der Schwere des Angriffs als Vergehen oder Verbrechen eingeordnet. Die Strafandrohung liegt bei Einstufung als Vergehen bei einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe und bei Vorliegen eines besonders schweren Falls erstreckt sich der Strafrahmen zwischen mindestens sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.  Eine Geldstrafe ist gemäß § 47 StGB bei geringfügiger Straferwartung möglich. Letztlich hängt die  Straferwartung von der Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung, der Schwere des Angriffs, der Verletzungen des Amtsträgers und den Tatumständen im Einzelnen ab.

5. Problematik hohe Strafandrohung

Rechtspolitisch ist wie bei dem besonderen Schutz von Personen des politischen Lebens gemäß § 188 StGB die Ausweitung der Strafbarkeit bei einem tätlichen Angriff auf einen Amtsträger bereits bei Bagatellhandlungen mit einer empfindlichen Strafe in typischen Konfliktsituationen mit Beamten mit Freiheitsstrafe äußerst problematisch. Dies umso mehr, als z.B. bei Demonstrationen wiederholt falsche Anzeigen durch Polizeibeamte gestellt wurden, die rechtswidrig Gewalt gegen Unbeteiligte und Demonstranten ausübten.

Wer eine Person absichtlich anrempelt oder drängelt, so dass diese hinfällt und dabei deren Verletzung billigend in Kauf nimmt, hat, soweit das Verfahren nicht im Vorverfahren mangels öffentlichen Interesses oder Verweisung auf den Privatklageweg eingestellt wird, sondern in eine Anklage und eine Hauptverhandlung mündet, im schlechtesten Fall mit einem Verfahren wegen einfacher Körperverletzung zu rechnen, welches gegen Geldauflage eingestellt oder mit einer geringen Geldstrafe endet.

Wer dagegen auf einer Demonstration als Teilnehmer oder Zuschauer bei einem Fußballspiel  auf für derartige Situationen ausgebildete Polizisten mit Schutzmontur und Helm zur Seite drängt, muss sich wegen eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte verantworten, der mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten bedroht ist und von den Staatsanwaltschaften in der Regel mit besonderem Eifer verfolgt wird. Demgegenüber wird Polizeigewalt, Körperverletzungen im Amt, bei denen „zufällig simultan“ die Bodycam der Polizisten ausgefallen ist, eingestellt und kaum verfolgt.

6. Unsere besondere Sachkenntnis und Erfahrung ist Ihre beste Verteidigung

Unser Team von Strafverteidigern hat in zahlreichen Fällen für Mandanten, die sich des Vorwurfs des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte oder ihnen gleichgestellte Personen erwehren mussten, erfolgreich Freisprüche, Einstellungen oder notfalls möglichst geringe Strafen erreicht.

Häufig können wir herausarbeiten, dass die Diensthandlungen rechtswidrig waren oder die Beweislage mehrdeutig ist. In anderen Fällen kann eine Anklage durch eine Einstellung gegen Auflage verhindert werden. Oberstes Ziel ist die Verhinderung einer Anklage und damit einer Bestrafung.

Keine Angaben bei einer Vorladung oder Aussage bei einer polizeilichen Vernehmung: Vielmehr gilt: Schweigen, Schweigen, Schweigen, nichts aussagen und einen Anwalt verlangen. Lassen Sie sich davon nicht abbringen!

Wenn Sie eine Vorladung mit dem Vorwurf des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte erhalten, empfehlen wir dringend, von Ihrem Recht auf Schweigen Gebrauch zu machen und einen Strafverteidiger oder Fachanwalt für Strafrecht zu Rate zu ziehen.  Kontaktieren Sie uns, bevor Sie Aussagen machen. Die meisten Beschuldigten führen sich durch Informationshereingaben in das Ermittlungsverfahren selbst einer Verurteilung und Bestrafung zu. Sie sind bei einer Vorladung nicht verpflichtet, bei der Polizei zu erscheinen und schriftliche Angaben oder eine Aussage zu machen. Wir werden den Termin umgehend absagen und darauf verweisen, dass Sie über Ihren Verteidiger gegebenenfalls nach Akteneinsicht zur Akte Stellung nehmen oder sich einlassen werden. Sie sollten allerdings nicht das Ermittlungsverfahren einfach an Ihnen vorbeilaufen lassen, da im Ermittlungsverfahren die besten Möglichkeiten bestehen, das Verfahren zur Einstellung zu bringen oder die Weichen für das bestmögliche Ergebnis zu stellen. Nach unserer Beauftragung werden wir mit Ihnen eine Strategie abstimmen und versuchen, das Verfahren schriftlich ohne Gerichtsverhandlung und Bestrafung zu beenden.

Rufen Sie uns unter 040/ 39 14 08 an oder schreiben Sie uns eine E-Mail unter lauenburg@ihr-anwalt-hamburg.de