StGB § 226a: Körperverletzung: Verstümmelung weiblicher Genitalien
Unsere Empfehlung:
- Bei dem Vorwurf einer gefährlichen vorsätzlichen Körperverletzung sind frühzeitig Beweismittel (Zeugen, Gedächtnisprotokolle, Fotos, Filme, Aufnahmen von Überwachungskameras) zu sichern, um etwa die Kausalität, gemeinschaftliches Handeln oder den vorsätzlichen Verletzungserfolg widerlegen zu können.
- Bei einer frühen anwaltlichen Vertretung bestehen gute Chancen für eine Einstellung mit oder ohne Geldauflage, Geldstrafe oder Freiheitsstrafe auf Bewährung ohne Eintragung im Bundeszentralregister.
- Eine außergerichtliche Schadenswiedergutmachung kann eine hohe Verurteilung oder eine Verurteilung überhaupt abwenden. In jedem Fall führt diese zu einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 46a StGB.
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1. Der rechtspolitischer Hintergrund des Tatbestandes des § 226a StGB
Im Verhältnis zur einfachen vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 223 StGB und der schweren Körperverletzung gemäß § 226 StGB handelt es sich beim Tatbestand der Verstümmelung weiblicher Genitalien um eine Qualifikation. Schutzzweck der Norm ist die körperliche und seelische Unversehrtheit des Opfers sowie die sexuelle Selbstbestimmung, auf deren Unterdrückung ein solcher Eingriff hinauslaufen soll. Das Argument, dass der Gesetzgeber die Beschneidung von Jungen gemäß § 1631d BGB gestattet, ist hinsichtlich der Folgen und Intensität des Eingriffs mit den drastischeren Verstümmelungshandlungen an den weiblichen Genitalien und lebenslangen Folgen wie dem Verlust des sexuellen Erlebens, Schmerzen, Entzündungen, Inkontinenz nicht mit der Beschneidung eines männlichen Kindes vergleichbar.
2. Der Tatbestand der Verstümmelung weiblicher Genitalien
Die Tathandlung ursächlich bei einer weiblichen Person unabhängig vom Alter, also insbesondere bei jungen Mädchen, objektiv zurechenbar herbeigeführte Verstümmelung des äußeren Genitals (große und kleine Schamlippen, Scheidenvorhof, Scheidenvorhofdrüsen, Klitoris samt Klitorisvorhaut). Dadurch scheiden medizinisch indizierte Eingriffe an den inneren Genitalien (z. B. eine tumorbedingte Entfernung der Gebärmutter) aus. Diese unterfallen, wie andere medizinische Eingriffe, dem Schutz des § 223 StGB (vorsätzliche Körperverletzung) oder § 226 StGB (schwere Körperverletzung).
Die durch die Tathandlung herbeigeführte tatbestandliche Erfolg der Verstümmelung muss eine negative Veränderung von einigem Gewicht sein. Dies setzt nicht einen Funktionsverlust der weiblichen Genitalien voraus. Tatbestandlich werden Eingriffe wie eine Klitoridektomie (Entfernen der Klitoris), Exzision (Herausschneiden von Gewebe) und Infibulation (vollständiges oder teilweises Verschließen der Vagina) sowie Einschnitte, Ausbrennungen oder Ätzungen erfasst sein. Kosmetische Eingriffe wie Intimpiercings werden nicht erfasst. Hier bleibt § 223 StGB anwendbar.
3. Rechtswidrigkeit
Die Strafbarkeit kann jedoch durch eine wirksame Einwilligung der verletzten, einwilligungsfähigen Person von der Einwilligung des Stellvertreters, insbesondere der Eltern, mangels Rechtswidrigkeit entfallen. Entscheidend ist die Einwilligungsfähigkeit der Verletzten. Grundsätzlich setzt die Einwilligungsfähigkeit Geschäftsfähigkeit voraus, so dass auch minderjährige Verletzte grundsätzlich einwilligungsfähig sein können. Auf Grund der Unumkehrbarkeit und der nicht abschätzbaren Folgen ist Volljährigkeit Voraussetzung für eine Einwilligung. Diese Einwilligung muss frei von religiösem, familiärem oder sozialem Druck erteilt werden. Eine stellvertretende Einwilligung ist ausgeschlossen.
4. Schuld
Bei der Schuld könnte ggfs. ein Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB zu prüfen sein, wenn der Täter auf der Basis der eigenen Vorstellungen glaubt, rechtmäßig zu handeln. In Anbetracht der medienwirksamen Durchdringung dieses Themas kann im Regelfall aber eine Vermeidbarkeit dieses Irrtums angenommen werden.
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