StGB § 176 Sexueller Missbrauch von Kindern (Kindesmissbrauch)

Vertretung / Verteidigung: realer Missbrauch oder fiktiver Missbrauch z.B. in der Auseinandersetzung um das Sorgerecht, Umgangsrecht, Aufenthaltsbestimmungsrecht, projizierter Missbrauch eines Verwandten auf einen Dritten, Borderliner oder andere psychisch Erkrankte auf der Suche nach der Universalerklärung ihrer Lebensprobleme usw.


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I. Kindesmissbrauch / sexueller Missbrauch von Kindern gemäß §§ 176 bis § 176e StGB
II. Bedeutung, Reichweite, Rechtsgut des § 176 StGB
1. Der Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176a StGB
2. Kindesmissbrauch / Sexueller Missbrauch von Kindern mit Körperkontakt
2.1. Was bedeutet Vornehmen gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 1 StGB ?
2.2. Was bedeutet Bestimmen gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 2 StGB ?
2.3. Was ist Anbieten oder Versprechen gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 3 StGB ?
3. Kindesmissbrauch / Sexueller Missbrauch von Kindern ohne körperlichen Kontakt
3.1. Was bedeutet Vornehmen sexueller Handlungen vor einem Kind oder vor einem Kind durch eine dritte Person gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB ?
3.2. Was bedeutet Bestimmen gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 2 StGB ?
3.3. Was bedeutet Einwirken gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 3 StGB ?
3.4. Was bedeutet Verabreden gemäß § 176a Abs. 2 StGB ?
3.5. Was bedeutet Cybergrooming ?
4. Vorbereitung sexueller Missbrauch gemäß § 176b StGB
5. Schwerer sexueller Missbrauch gemäß 176c StGB 
6. Anleitungen zu sexuellem Missbrauch gemäß § 176e StGB
7. Strafmaß und verlängerte Verjährungsfristen
8. Besonderheit bei der Verjährung des sexuellen Missbrauchs von Kindern
9. Rechtsfolgen der Tatbestandsverwirklichung des Kindesmissbrauchs
10. Falschbeschuldigung und Opferhilfe: Verhaltenshinweise, Nebenklagevertretung und Strafverteidigung

I. Kindesmissbrauch / sexueller Missbrauch von Kindern gemäß §§ 176 bis § 176e StGB

  • Die Straftatbestände des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß den §§ 176, 176a, 176b, 176c StGB bestimmen und regeln die absolute Grenze des sexualbezogenen Umgangs oder Kontakts strafmündiger Personen ab 14 Jahre (§ 19 StGB) mit Kindern.
  • Gemäß §§ 176 bis § 176e StGB sind solche Kontakte sind ohne Ausnahme verboten. Es handelt sich um abstrakte Gefährdungsdelikte, die alle Verhaltensweisen mit Strafe bedrohen, die das unter Schutz gestellte Rechtsgut der ungestörten sexuellen Entwicklung von Kinder generell gefährden können. Die Gefährdung muss also für die Strafbarkeit nicht eingetreten sein, sondern nur möglich sein.
  • Taugliche Opfer sind Personen unter vierzehn Jahren. Dabei ist, soweit der Täter oder die Ermittlungsbehörde das konkrete Alter des Kindes nicht kennt, für die objektiven Altersbestimmung die körperliche Entwicklung und das Erscheinungsbild des Opfers zum Zeitpunkt der Tat entscheidend.
  • Ein tatbestandsausschließendes Einverständnis des Kindes, gleichgültig wie diese zustande gekommen sein sollte, ist mangels entsprechender Dispositionsfähigkeit ausgeschlossen.
  • § 176d StGB stellt den leichtfertig verursachten den Tod eines Kindes unter lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
  • § 176e StGB stellt die Verbreitung und Besitz von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern unter Strafe.

II. Bedeutung, Reichweite, Rechtsgut des § 176 StGB

§ 176 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter vorsätzlich sexuelle Handlungen an einem Kind vornimmt oder von dem Kind an sich vornehmen lässt.
 
Kindesmissbrauch sind alle sexuellen Handlungen an und mit Kindern. Sexuelle Handlungen sind alle körperlichen Berührungen, die nicht altersgemäße oder situationsgemäße Handlungen sind und darauf abzielen sich oder einen Dritten sexuell zu erregen. Eine Einwilligung des Kindes ist ausnahmslos unwirksam.
 
Neutrale gegebenenfalls auch strafbare Handlungen, denen nur der Täter sexuelle Bedeutung zumisst, reichen nicht aus. Die Strafbarkeit ist ausgeschlossen, etwa weil das Kind die sexuelle Bedeutung des Vorgangs nicht versteht und diesen nicht einmal wahrnimmt.
 
Kind ist jede Person unter 14 Jahren. Täter kann jede Person sein.
 
Der Tatbestand des § 176 Abs. 1 StGB auch erfüllt, wenn die sexuellen Handlungen an schlafenden Kindern vorgenommen werden, welche dies nicht bewusst wahrnehmen. Die sexuelle Integrität des Kindes soll in jeder Hinsicht geschützt werden.
§ 176 StGB ist die wichtigste und umfassendste Strafnorm gegen Kindesmissbrauch. Gemäß § 176 StGB werden sexueller Handlungen mit Kindern im weitesten Zusammenhang unter Strafe gestellt. Die Norm soll die Integrität der freien sexuellen Entwicklung und Fähigkeit zur sexuellen Entfaltung und Selbstbestimmung der Kinder schützen. Der Gesetzgeber möchte Beeinträchtigungen der Gesamtentwicklung von Kindern durch sexuelle Handlungen an oder durch unter 14-Jährigen unterbinden. Diese sind ausnahmslos verboten.
Es handelt sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, welches schon die Möglichkeit der Rechtsgutverletzung unter Strafe stellt, d.h. die sexuelle Selbstbestimmungsfähigkeit des Kindes muss altersentsprechend nicht einmal vorhanden sein, sondern deren zukünftige Entwicklung gefährdet sein, ohne dass der Rechtsgutträger, das Kind, etwas davon ahnt.
 
Die Verwirklichung des Tatbestandes gemäß § 176 Absatz 1 StGB beinhaltet u.a. sexuelle Handlungen mit Kontakt, die an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vorgenommen wurden oder der Täter von einem Kind an sich hat vornehmen lassen. 
 

1. Der Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176a StGB

Unter schwerem sexuellem Missbrauch fallen gemäß § 176a Absatz 2 StGB unter anderen folgende Handlungen:
  • eine Person über achtzehn Jahren vollzieht mit dem Kind den Beischlaf bzw. Sexualverkehr oder nimmt ähnliche sexuelle Handlungen an ihm vor oder lässt sie vornehmen, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind,
  • die Tat wird von mehreren gemeinschaftlich begangen oder
  • der Täter bringt das Kind durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung oder einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung.
 Die Strafandrohung beträgt bis zu 20 Jahre.
 

2. Kindesmissbrauch / Sexueller Missbrauch von Kindern mit Körperkontakt

Gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB sexueller Missbrauch von Kindern mit Körperkontakt zwischen Täter oder Drittperson und Opfer geregelt. Dazu genügt die Berührung mit einem Gegenstand oder das Anfassen über der Kleidung. Ein Hautkontakt ist nicht notwendig. Selbstverständlich stellen die §§ 176 ff. StGB diesbezüglich höhere Anforderungen an die Erheblichkeit eines sexuellen Übergriffs an Erwachsene als an Kinder gemäß § 176 Abs. 2 StGB, § 184h StGB. Für die Strafbarkeit ist es ohne Belang, dass etwa das Kind die Sexualbezogenheit der Handlung wahrnimmt und versteht. 

2.1. Was bedeutet Vornehmen gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 1 StGB ?

Nach dem Tatbestand des sexuellen Missbrauchs gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 1 StGB muss der Täter ein Kind dazu bestimmen, sexuelle Handlungen vorzunehmen. Bestimmen bedeutet, dass eine Willensbeeinflussung nicht erforderlich ist. Ein einfaches Verursachen der sexuellen Kontakte ist hier bereits ausreichend. Dies kann durch Versprechen, Zwang, Drohung, Täuschung, Belohnung oder Wecken von Neugier geschehen. Das Bestimmen muss unmittelbar zwischen Täter und Opfer geschehen sein. Die sexuellen Handlungen müssen zwischen Opfer und Täter oder Opfer und einem Dritten vorgenommen werden.

§ 176 Abs. 1 Nr. 1 StGB bestraft das Vornehmen sexueller Handlungen durch den Täter am Kind und durch das Kind am Täter. Handlungen des Kindes oder des Täters an sich selbst oder an Dritten werden durch den Tatbestand nicht erfasst.
Bei einer sexuellen Handlung des Kindes am Täter ist ein bloß passives Dulden nicht strafbar, es sei denn, dass der Täter das Kind verbal, durch Gesten, mimisch oder auf irgendeine Art das Kind zur sexuellen Handlung erweckt, ermuntert, auffordert oder anleitet. Gemäß § 176 Abs. 2 StGB kann unter bestimmten engen Vorrausetzungen z.B. ein fast 14-jähriges Kind verkehrt einvernehmlich mit anderen gerade erst 14-jährigem Kind von einer Bestrafung abgesehen werden.

2.2. Was bedeutet Bestimmen gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 2 StGB ?

Gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 2 StGB das Bestimmen (erwecken, ermuntern, anleiten, manipulieren, auffordern, dazu bringen, bitten usw.) des Kindes durch den Täter zur Vornahme sexueller Handlungen an einer Drittperson und das Vornehmen lassen einer sexuellen Handlung einer dritten Person am Kind bestraft. Ein Bestimmen des Kindes zur Vornahme oder Vornehmen lassen einer sexuellen Handlung ist auch dann gegeben, wenn etwas das Kind von sich aus geneigt ist, die gewünschten Handlungen vorzunehmen. Der Täter muss als für die Strafbarkeit keine Widerstände oder Hemmungen des Kindes überwinden. 

Der Täter muss zum Tatzeitpunkt nicht anwesend sein, da er etwa die absehbare Tat schon zuvor initiiert (= eingeleitet, erwirkt, veranlasst, verursacht, vermittelt, organisiert usw.) hat. Insbesondere bei Kleinkindern, deren Entschluss zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen häufig nicht sicher feststellbar ist, ist bereits die bloße Verursachung sexueller Handlung strafbar.

2.3. Was ist Anbieten oder Versprechen gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 3 StGB ?

Gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 3 StGB sind bestimmte Vorbereitungshandlungen wie das Anbieten oder Versprechen des Nachweises eines Kindes zum Zwecke des sexuellen Missbrauchs strafbar.

3. Kindesmissbrauch / Sexueller Missbrauch von Kindern ohne körperlichen Kontakt

Gemäß § 176a Abs. 1 StGB wird der sexuelle Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind unter Strafe gestellt. Wegen des geringeren 
Gefährdungspotentials ist der Strafrahmen von 6 Monaten bis 10 Jahre begrenzt. Folgende Begehnungsformen werden durch den Tatbestand erfasst:

3.1. Was bedeutet Vornehmen sexueller Handlungen vor einem Kind oder vor einem Kind durch eine dritte Person gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB ?

Gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB wird einerseits das Vornehmen sexueller Handlungen vor einem Kind durch den Täter an sich selbst und andererseits das Vornehmen sexueller Handlungen durch eine dritte Person an sich oder anderen Personen bestraft werden. Der Straftatbestand zielt in erster Linie auf exhibitionistische Handlungen eines Einzeltäters vor einem Kinde ab. Dabei ist die im Falle einer Verurteilung § 183 Abs. 3, 4 Nr. 2 StGB zu beachten.
Bei reinen Entblößungshandlungen primärer oder sekundärer Geschlechtsmerkmale (Genital, weibliche Brust) ohne Selbstbefriedigung (Masturbation) und ohne Fokus / zur Schaustellung / strafbares Posing des Geschlechtsteils z. B. in der Umkleidekabine wird in der Regel die Erheblichkeitsschwelle gemäß § 184h Nr. 1 StGB nicht überschritten. Bei Kindern sind geringere Anforderungen als bei Erwachsenen zu stellen. Bei Masturbationshandlungen ist der Tatbestand erfüllt, da das Kind die sexuelle Bedeutung nicht verstehen muss. Für Tatbestandserfüllung genügt gemäß § 184h Nr. 2 StGB, dass das Kind die Handlung wahrnimmt. Der Täter muss jedoch mit seiner Handlung auf die Einbeziehung des Kindes durch dessen Wahrnehmung der Handlung abzielen, mindestens jedoch eine Wahrnehmung der sexuellen Bedeutung des Geschehens durch das Kind in Kauf nehmen also ohne, dass die Wahrnehmung der Handlung durch das Kind zwingend erfolgen muss. Dabei ist räumliche Nähe nicht erforderlich. Folglich werden auch visuelle und akustische Übertragungen mittels Chat- und Videoplattformen im Internet strafrechtlich erfasst.

3.2. Was bedeutet Bestimmen gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 2 StGB ?

Gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 2 StGB werden alle sexuellen Handlungen jeder Art z.B. zur Herstellung von Kinderpornografie, die das Kind auf Veranlassung durch den Täter vornimmt, erfasst. Danach ist das Kind diejenige Person, die sexuelle Handlungen vornimmt, unabhängig von ihrer eigenen Vorstellung. Hierunter fallen etwa auch sexuelle Posen des Kindes, die vom Täter fotografiert werden, obwohl dabei kein unmittelbarer körperlicher Kontakt stattfindet. Ohne Handlungskomponente werden z.B. der Erwerb von Kinderpornografie von § 184b StGB erfasst.
 
Das Kind muss den sexuellen Charakter der Handlungen nicht erkennen. Nicht erfasst werden dagegen wie schon oben dargestellt, objektiv nicht sexualbezogene Handlungen, die nur vom Täter als solche betrachtet werden (z.B. nackt baden, Handstand machen, in Unterwäsche die Beine spreizen, Spreizen der Beine unter Entblößung des Geschlechtsteils, wenn kein Posieren vorliegt, also das in den Vordergrund stellen der sexuellen Bedeutung etwa durch unnatürliche Körperhaltungen). Auch hier werden die akustische und visuelle Aufnahme durch den Täter erfasst. Eine räumliche Nähe ist nicht erforderlich. Der Tatbestand erfasst auch sexuelle Handlungen des Kindes auf Veranlassung des Täters, die weder dieser noch irgendeine Person wahrnimmt oder aufgezeichnet wird, wenn diese dazu dient, dass sich der Täter an der Vorstellung oder dem Gespräch darüber sexuell erregt. Ausgenommen sind sozialadäquate Handlungsweisen.

§ 176a Abs. 1 Nr. 2 StGB setzt nicht voraus, dass das Kind eine bestimmte sexuelle Handlung, zu der der Täter das Kind zu bestimmen möchte, tatsächlich an sich vornehmen. Vielmehr reicht es aus, dass der Täter das Kind veranlasst, sexuell aufreizend zu posieren, soweit es auf einem aktiven Tun beruht. In diesem Zusammenhang ist ein Posieren daher unter engeren Voraussetzungen tatbestandserfüllend als beim Umgang mit Kinderpornographie gemäß § 184b StGB.
Ist die Handlung objektiv nicht sexualbezogen, sondern wird nur vom Täter so verstanden, erfüllt dies nicht das Tatbestandsmerkmal des Bestimmens des Kindes zu einer sexuellen Handlung. Das Kind muss den sexuellen Charakter der Handlung nicht verstehen, sodass das Bestimmen auch rein akustisch ohne visuellen Kontakt erfolgen kann. Allerdings wird dann die Erheblichkeitsschwelle weniger schnell überschritten. Bereits die ohne Anwesenheit des Täters auf dessen Veranlassung durchgeführte Aufzeichnung kann tatbestandserfüllend sein.

3.3. Was bedeutet Einwirken gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 3 StGB ?

Bestraft werden Handlungen, dass Kind zu sexuellen Handlungen an oder vor dem Täter oder einem Dritten oder zur Duldung sexueller Handlungen durch mediale Einwirkung (Zeitschriften, Internet, Chat-Room, Soziale Netzwerke) zu bringen Diese Vorschrift trägt dem Trend Rechnung, dass Täter Kinder im Internet in Chatrooms kennenlernen und diese zu einem Treffen im realen Leben veranlassen. Bereits solche Anbahnungshandlungen stehen daher unter Strafe. Unter den tatbestandlichen Begriff der “Schriften” fällt auch jede Art der Kommunikation im Internet, wenngleich diese auch keinerlei Sexualbezug aufweisen muss. Gesetzeslücke: Die Vorbereitung und der Versuch der Verabredung mit dem Kinde zum Zwecke des Einwirkens, es zu sexuellen Handlungen an oder vor dem Täter oder einem Dritten oder zur Duldung sexueller Handlungen zu bringen,  ist strafbar, während die Verabredung unter Anwesenden bisher straflos ist.

Gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 3 StGB wird das Einwirken auf ein Kind durch pornographische Inhalte oder entsprechende Reden unter Strafe gestellt. Hier ist missbräuchliches Handeln von sozial adäquatem, pädagogischem oder aufklärendem Handeln abzugrenzen. Ziel des Einwirkens muss keine sexuelle Handlung des Kindes sein. Bestraft wird bereits das Einwirken auf die kindliche Geistesverfassung und Psyche. Das Merkmal des Einwirkens erfasst alle denkbaren Formen aktiver und unmittelbarer psychischer Beeinflussung auch solche ohne Täuschung, Überredung oder Drohung. Die Einflussnahme muss von einer gewissen Hartnäckigkeit geprägt sein.
Pornographie liegt vor, wenn das Material unter Ausklammerung aller sonstigen menschlichen Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund rückt und in seiner Gesamttendenz ausschließlich oder überwiegend auf das lüsterne Interesse des Menschen an sexuellen Dingen abzielt. Das Foto eines nackten Geschlechtsteils ohne Verknüpfung mit einer sexuellen Handlung ist daher nicht tatbestandserfüllend. Es muss zumindest ein strafbares Posing vorliegen.
Inhalte sind gemäß § 11 Abs. 3 StGB solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind. Das gilt unabhängig von einer Speicherung, wenn die Inhalte mittels Informations- und Kommunikationstechnik übertragen werden. Damit wird jede Art von technischer Kommunikation erfasst werden, insbesondere soziale Netzwerke, Videochatplattformen, Online-Dienste, das gesamte Internet sowie sämtliche technische Methoden hinsichtlich der Übermittlung von Informationen. Ein tatsächliches Treffen zwischen Täter und Opfer ist somit nicht erforderlich.
Beim Einwirken durch entsprechende Reden ist eine ausdrückliche Äußerung mit sexueller Bedeutung erforderlich, die nach Art, Inhalt und Intensität mit pornographischen Inhalten vergleichbar ist. Sexualbezogenheit reicht nicht aus. Das Kind muss die Inhalte zwar wahrnehmen, aber nicht die sexuelle Bedeutung verstehen. Einwirkungen stellen nur dann einen Missbrauch dar, wenn sie aus sexueller Motivation erfolgen.

3.4. Was bedeutet Verabreden gemäß § 176a Abs. 2 StGB ?

Gemäß § 176a Abs. 2 StGB werden bestimmte Vorbereitungshandlungen unter Strafe gestellt. Die Tathandlungen des Anbietens und Versprechen des Nachweises identisch mit denen in § 176 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Ein Verabreden setzt eine ernstliche, hinreichend konkrete Vereinbarung voraus.

3.5. Was bedeutet Cybergrooming ?

Der Begriff Cybergrooming bezeichnet das gezielte Einwirken auf Kinder über das Internet mit dem Ziel, diese zu Handlungen gemäß den §§ 176, 176a StGB zu veranlassen.
Durch die Sonderregel des § 176 Abs. 3 S. 2 StGB soll insbesondere Cybergrooming aus ermittlungstaktischen Gründen als untauglicher Versuch von der Strafbarkeit erfasst werden. Hierbei geben sich verdeckt ermittelnde Polizeibeamte in sozialen Medien des Internets als Kinder aus, um potenzielle Täter der §§ 176 ff, 184b StGB zu überführen. Es genügt bereits, wenn Sorgeberechtigte oder sonstige Betreuungspersonen Empfänger der Einwirkung gemäß § 176a Abs. 1 Nr. 3 StGB sind.

4. Vorbereitung sexueller Missbrauch gemäß § 176b StGB

Gemäß § 176b StGB wird das Einwirkens auf ein Kind durch Inhalte im Sinne von § 11 Abs. 3 StGB mit dem Ziel, einen sexueller Missbrauch herbeizuführen, bestraft. Das Einwirken besteht darin, das Kind zu sexuellen Handlungen zu bringen, die es an oder vor dem Täter oder an oder vor einer dritten Person vornehmen oder von dem Täter oder einer dritten Person an sich vornehmen lassen soll. Die Einwirkung kann gemäß § 176b Abs. 1 Nr. 1 StGB in sexuellen Handlungen oder gemäß § 176b Abs. 1 Nr. 2 StGB im Umgang mit kinderpornographischen Inhalten im Sinne von § 184b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 StGB bestehen.
§ 176b Abs. 2 StGB erfasst wie § 176a Abs. 2 StGB das Anbieten eines Kindes, das Versprechen eines Nachweises oder die Verabredung zum Zwecke des sexuellen Missbrauchs.

5. Schwerer sexueller Missbrauch gemäß 176c StGB 

  • Der Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176c StGB ist ein Qualifikationstatbestand.
  • § 176c Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 StGB regelt einen erhöhten Strafrahmen für Wiederholungstäter.
  • Gemäß § 176c Abs. 1 Nr. 2 StGB werden der Beischlaf, gemäß § 176c Abs. 1 Nr. 3 StGB gemeinschaftliche Begehungsweisen und gemäß § 176c Abs. 1 Nr. 4 StGB schwere Tatfolgen erfasst.
  • Gemäß § 176c Abs. 2 StGB wird die Absicht bestraft, durch den sexuellen Missbrauch kinderpornographische Inhalte herzustellen und zu verbreiten.
  • Gemäß § 176c Abs. 3 StGB wird der Strafrahmen bei besonders schwere Tatfolgen nochmals erhöht.
  • Wenn der Täter durch den sexuellen Missbrauch zumindest leichtfertig den Tod des Kindes verursacht, findet die Erfolgsqualifikation des sexuellen Missbrauchs von Kindern mit Todesfolge gemäß § 176d StGB zur Anwendung.

6. Anleitungen zu sexuellem Missbrauch gemäß § 176e StGB

Gemäß § 176e StGB wird die Verbreitung und der Besitz von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern unter Strafe gestellt.
Die Vorschrift stellt Anleitungen zu Sexualdelikten gemäß den §§ 176 ff. StGB im Internet, die vom verbotenen Umgang mit kinderpornographischen Inhalten gemäß § 184b StGB nur unzureichend erfasst werden. 

7. Strafmaß und verlängerte Verjährungsfristen

Die Verjährung von Straftaten ist gemäß §§ 78 ff. StGB geregelt. Tritt die Verjährung ein, kann die Tat nicht mehr verfolgt werden. Die Länge der Verfolgungsverjährung richtet sich nach der Strafandrohung der begangenen Tat und beginnt in der Regel mit der Beendigung der Tat.

Der sexuelle Missbrauch von Kindern nach § 176 Abs. 1 StGB ist mit Strafe bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe bedroht. Gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB würde der Straftatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern folglich ohne die Sonderregelung gemäß § 78b StGB nach 10 Jahren verjähren.

Der schwere sexuelle Missbrauch von Kindern gemäß § 176 a StGB hingegen verjährt regelmäßig erst nach 20 Jahren. Der Tatbestand wurde erst im Jahre 1998 in das Strafgesetzbuch (StGB) eingefügt, so dass die Verjährung erst für tatbestandsmäßige Handlungen ab dem 01.04.1998 20 Jahre beträgt. Taten, die vor diesem Zeitpunkt begangen wurden, verjähren daher nach 10 Jahren. 

8. Besonderheit bei der Verjährung des sexuellen Missbrauchs von Kindern

Gemäß § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB beginnt die Verjährung von Sexualstraftaten nicht mit deren Beendigung, sondern ruht bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers. Dies bedeutet, dass die Verjährung bei einem sexuellen Missbrauch nach § 176 I StGB erst beginnt, wenn das Opfer 30 geworden ist. Der Kindesmissbrauch gemäß § 176 StGB verjährt aufgrund der Strafandrohung von bis zu 10 Jahren gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB mit dem 40. Geburtstag des Opfers; bei schweren Kindesmissbrauch gemäß § 176 a StGB aufgrund der Strafandrohung bis zu 20 Jahre gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB mit dem 50. Geburtstag. Durch diese Regelung soll den Opfern mehr Zeit gegeben werden den Missbrauch zur Anzeige zu bringen. 

Für Taten, deren Verjährungsfrist zum Zeitpunkt einer neuen Gesetzgebung noch läuft, greift im Falle einer Gesetzesänderung zugunsten des Opfers die neue Verjährungsfrist.

Die zivilrechtlichen Ansprüche (Schmerzensgeld) verjähren erst nach 30 Jahren.
Diese Regelung soll dem zum Tatzeitpunkt minderjährigen Opfer, das durch den Missbrauch traumatisiert ist und daher möglicherweise erst Jahrzehnte später sich in der Lage sieht, sich dem begangenen Verbrechen zu stellen, und ermöglichen, seine Strafansprüche durchzusetzen.
 

9. Rechtsfolgen der Tatbestandsverwirklichung des Kindesmissbrauchs

Der sexuelle Missbrauch mit Körperkontakt von Kindern gemäß § 176 Abs. 1 StGB wird nach dem Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe nicht unter 1 Jahr bestraft.
Bei Verwirklichung eines besonders schweren Falls des § 176c StGB ist Freiheitsstrafe nicht unter 2 Jahre die Folge.
Gemäß § 176c Abs. 4 StGB liegt die Freiheitsstrafe, wenn der Täter bei der Tat das Opfer körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt, nicht unter 5 Jahren.
Der sexuelle Missbrauch von Kindern mit mindestens leichtfertiger Verursachung des Todes eines Kindes gemäß § 176d StGB wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
 
Die in § 176a StGB aufgeführten Fällen des sexuellen Missbrauchs ohne Körperkontakt werden mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren bestraft. 
 
Die Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176b StGB wird mit Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren wird bestraft
 
Die Verbreitung und Besitz von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern gemäß § 176e StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
 
Wie sich die Strafe im konkreten Straffall darstellt, kann im Einzelfall nur ungefähr vorhergesagt werden, da sich das konkrete Strafmaß am Einzelfall orientiert und weitere Faktoren, z.B. Vorstrafen, Vor- und Nachtatverhalten zu berücksichtigen sind.
 

10. Falschbeschuldigung und Opferhilfe: Verhaltenshinweise, Nebenklagevertretung und Strafverteidigung

Sowohl bei aufkommenden Anschuldigungen des Kindesmissbrauchs, als auch für Opfer solcher sexuellen Missbrauchstaten ist die Beratung durch einen im Sexualstrafrecht erfahrenen Rechtsanwalt bzw. Strafverteidiger zu empfehlen. Gerade das öffentliche Interesse an Kindesmissbrauchsfällen und die erheblichen, damit verbundenen persönlichen Folgen für alle Betroffenen, machen eine spezielle sowie verständnisvolle anwaltliche Beratung unbedingt notwendig.