StGB § 138: Nichtanzeige geplanter Straftaten
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1. Was bedeutet Nichtanzeige einer Straftat
Grundsätzlich ist es gemäß § 138 StGB nur strafbar, wenn ein bevorstehendes – in der Zukunft liegendes Verbrechen gemäß § 12 Abs. 1, 3 StGB (schwere Straftat (Verbrechen) oder Katalogstraftat) mit einer Mindeststrafandrohung von einem Jahr Freiheitsstrafe nicht bei den Strafverfolgungsbehörden angezeigt wird. Hierzu gehören unter anderem Hochverrat, andere staatsgefährdende Straftaten, Menschenhandel, Mord, Totschlag, Raub, Brandstiftung, gemeingefährliche Straftaten, Völkermord, Kriegsverbrechen, usw..
Erfährt ein Staatsanwalt*in oder Bürger*in von Vergehen gemäß § 12 Abs. 2 StGB, dass etwa ein Nachbar „schwarz“ ohne Zahlung von Umsatzsteuer baut, der Schwarzarbeit ohne Zahlung der Sozialversicherung und Sozialabgaben nachgeht, Sachbeschädigung (§ 303 STGB) begeht, stiehlt (§ 242 StGB) oder betrügt (§ 263 StGB) , ist diese*r nicht verpflichtet, diese Straftaten anzuzeigen und sich damit z.B. sozial zu isolieren; er/sie kann jedoch diese Straftat anzeigen.
Erfährt jemand glaubhaft von einem Vorhaben oder der Ausführung eines Verbrechens gemäß § 12 Abs. 1, 3 StGB zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, und unterlässt es, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu machen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
2. Wann ist die Kenntnis eines bevorstehenden Verbrechens strafbar?
Strafbar ist das Unterlassen Anzeige der Kenntnis von einer noch nicht begangenen, aber bereits konkret bevorstehenden Verbrechen.
Ist die Tat bereits vollendet / beendet kommt eine Strafbarkeit gemäß § 138 StGB nicht mehr in Betracht.
§ 138 StGB fallen folgenden Verbrechen:
- Hochverrat gegen den Bund gemäß § 81 StGB,
- Hochverrat gegen das Land gemäß § 82 StGB,
- Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens (= Vorhaben) gegen den Bund gemäß § 83 Abs. 1 StGB,
- Landesverrat gemäß § 94 StGB,
- Offenbaren eines Staatsgeheimnisses gemäß § 95 StGB,
- Landesverräterisches Ausspähen; Auskundschaften von Staatsgeheimnissen gemäß § 96 StGB,
- Verrat nichtstaatlicher Geheimnisse unter Gefährdung der äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 97a StGB,
- friedengefährdende Beziehungen gegen die Bundesrepublik gemäß § 100 StGB,
- Geld- und Wertpapierfälschung gemäß §§ 146, 151, 152 StGB,
- Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktionen gemäß § 152b StGB,
- Mord gemäß § 211 StGB,
- Totschlag gemäß § 212 StGB,
- Völkermordes gemäß § 6 VStGB (Völkerstrafgesetzbuches),
- Verbrechens gegen die Menschlichkeit gemäß § 7 VStGB,
- Kriegsverbrechens §§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 VStGB,
- Verbrechens der Aggression § 13 VStGB,
- Straftat gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Absatz 3 Satz 2 StGB (Menschenhandel),
- Zwangsprostitution gemäß § 232a Absatz 3, 4 oder 5 StGB,
- Zwangsarbeit gemäß § 232b Absatz 3 oder 4 StGB,
- Ausbeutung unter Ausnutzung der Freiheitsberaubung gemäß § 233a Absatz 3 oder 4, StGB jeweils soweit es sich um Verbrechen handelt,
- Menschenraub gemäß § 234 StGB,
- Verschleppung gemäß § 234a StGB,
- Erpresserischer Menschenraub gemäß § 239a StGB,
- Geiselnahme gemäß § 239b StGB,
- Raub oder einer räuberischen Erpressung gemäß §§ 249 StGB bis § 251 StGB mit Todesfolge oder § 255 StGB,
- gemeingefährliche Straftaten durch einfache, schwere, besonders schwere Brandstiftung gemäß §§ 306 StGB bis 306c StGB (Brandstiftung mit Todesfolge),
- Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie gemäß § 307 Abs. 1 bis 3 StGB,
- Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion gemäß § 308 Abs. 1 bis 4 StGB,
- Missbrauch ionisierender Strahlung gemäß § 309 Abs. 1 bis 5 StGB,
- Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechen gemäß § 310 StGB,
- Herbeiführen einer Überschwemmung gemäß § 313 StGB,
- gemeingefährliche Vergiftung gemäß § 314 StGB,
- gefährliche Eingriff in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr gemäß § 315 Abs. 3 StGB,
- gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 3 StGB,
- räuberischer Angriff auf Kraftfahrer gemäß § 316a StGB,
- Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr gemäß § 316c StGB
Die Nichtanzeige anderer Straftaten bleibt straflos.
2. Glaubhaft erfahren
Glaubhaft ist ein Sachverhalt, der überwiegend wahrscheinlich erscheint. Es kann für die Glaubhaftigkeit ein plausibler, das heißt in sich widerspruchsfreier und nachvollziehbarer Sachverhalt genügen, wenn nach den Gesamtumständen und der Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die behaupteten Tatsachen bzw. Sachverhalt vorliegt.
3. Vorhaben oder Ausführung
Ein Vorhaben ist der ernstliche und planvolle Entschluss etwas oder eine Handlung in die Tat umzusetzen. Die Ausführung beginnt mit dem ersten Tatabschnitt des Verbrechens.
4. Der Täter muss zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, von dem Verbrechen erfahren haben
Der Täter muss im Zeitraum vor der Ausführung bis vor dem Eintritt des Erfolges des Verbrechens von diesem erfahren haben.
5. Zusätzlich muss der Täter es unterlassen, die zuständigen Behörden rechtzeitig ohne schuldhaftes Zögern zu informieren
6. StGB § 138 Abs. 2:
Gleiches gilt für den Fall, dass man / der Täter von der Ausführung eines Vergehens gemäß § 12 Abs. 2 StGB von der Vorbereitung einer scheren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89 a StGB oder von Vorhaben oder Ausführung der Bildung einer inländischen oder ausländischen terroristischen Vereinigung gemäß § 129a StGB in Verbindung mit § 129 b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB
zu einer Zeit, zu der die Ausführung noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterlässt, der Behörde unverzüglich Anzeige zu erstatten.
7. leichtfertiges unterlassen
Wer die Anzeige leichtfertig unterlasst, obwohl er von dem Vorhaben oder der Ausführung der rechtswidrigen Tat glaubhaft erfahren hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Leichtfertig handelt der Täter, wenn er die sich ihm aufdrängende Möglichkeit eines Tatbestandserfolg bzw. die Verwirklichung der oben genannten Straftaten aus besonderem Leichtsinn oder besonderer Gleichgültigkeit außer Acht lässt. Es kommt auf eine wertende Betrachtung an. Dabei ist neben dem Umfang der Tatsachenkenntnis auch der Grad der Vermeidbarkeit einzustellen.