Öffentlichkeitsfahndung oder Veröffentlichung Bilder angeblicher Verdächtiger, Beschuldigter oder Zeugen gemäß § 131b StPO
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1. Öffentlichkeitsfahndung oder Veröffentlichung Bilder angeblicher Verdächtiger, Beschuldigter oder Zeugen gemäß § 131b StPO
2. Geringfügigkeitsgrenze:
3. Erheblichkeitsschwelle 1: Straftat von erheblicher Bedeutung
4. Einfacher Tatverdacht:
5. Ermittlungserfolg durch andere Ermittlungsmaßnahmen erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert
6. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
7. Anordnungskompetenz
1. Öffentlichkeitsfahndung oder Veröffentlichung Bilder angeblicher Verdächtiger, Beschuldigter oder Zeugen gemäß § 131b StPO
Die Öffentlichkeitsfahndung respektive die Veröffentlichung von Bildern von Verdächtigen oder Beschuldigten sogar von Zeugen setzt unter Berücksichtigung der verfassungsmäßigen Verhältnismäßigkeit – Geeignetheit, Erforderlichkeit und Gebotenheit als Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne –, welche in der Regelung des § 131b StPO Berücksichtigung finden, in der Abwägung des Persönlichkeitsrechtes des Beschuldigten oder Zeugen und des verletzten Rechtsgutes folgendes voraus.
2. Geringfügigkeitsgrenze:
Es muss sich hinsichtlich der Vorgehensweise, der krimineller Energie und der Schwere der Tat um eine Straftat von erheblicher Bedeutung handeln. Dies bedeutet, dass die Öffentlichkeitsfahndung bei geringfügigen Straftaten oder Kleinkriminalität wie Ladendiebstahl, Unterschlagung, einfacher Betrug, einfache Körperverletzung usw. unzulässig ist. Nach einer sorgfältigen Abwägung der Grundrechte des Persönlichkeitsrechts und der durch eine inkriminierte Handlung verletzten Grundrechte wie Eigentum bei Diebstahl, Unterschlagung, Betrug etc., körperliche Unversehrtheit bei Körperverletzung ist in solchen Fällen in der Regel die Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten wird.
3. Erheblichkeitsschwelle: Straftat von erheblicher Bedeutung
Straftaten vor erheblicher Bedeutung sind neben Bandendelikten, Terrorismus, schweren Sexualdelikten, Raub, vorsätzlichen Tötungsdelikten, Völkermord, gemeingefährliche Straftaten im Weiteren z.B. solche Straftaten, die in §§ 100a Abs. 2, 100g, 100k StPO aufgeführt sind.
- Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates sowie des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit nach den §§ 80a bis 82 StGB, 84 bis 86 StGB, 87 bis 89a StGB, 89c Abs. 1 bis 4 StGB, 94 bis 100a StGB StGB,
- Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nach § 108e StGB,
- Straftaten gegen die Landesverteidigung nach den §§ 109d bis 109h StGB
- Straftaten gegen die öffentliche Ordnung nach § 127 Abs. 3 und 4 StGB sowie den §§ 129 bis 130 StGB,
- Geld- und Wertzeichenfälschung nach den §146 StGB und § 151 StGB, jeweils auch in Verbindung mit § 152 StGB, sowie nach § 152a Abs. 3 StGB und § 152b Abs. 1 bis 4 StGB,
- Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen der §§ 176, 176c, 176d StGB und, unter den in § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 StGB genannten Voraussetzungen, des § 177 StGB,
- Verbreitung, Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornographischer Inhalte nach § 184b StGB, § 184c Abs. 2 StGB,
- Mord und Totschlag nach den § 211 StGB und § 212 StGB,
- Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232, 232a Abs. 1 bis 5 StGB, den §§ 232b, 233 Abs. 2 StGB, den §§ 233a, 234 bis 234b, 239a und 239b StGB,
- Bandendiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB, Wohnungseinbruchdiebstahl nach § 244 Abs. 4 StGB und schwerer Bandendiebstahl nach § 244a StGB,
- Straftaten des Raubes und der Erpressung nach den §§ 249 bis 255 StGB,
- gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei und gewerbsmäßige Bandenhehlerei nach den §§ 260 und 260a StGB,
- Geldwäsche nach § 261 StGB, wenn die Vortat eine der in den Nr. 1 bis 11 genannten schweren Straftaten ist,
- Betrug und Computerbetrug unter den in § 263 Abs. 3 Satz 2 StGB genannten Voraussetzungen und im Falle des § 263 Abs. 5, jeweils auch in Verbindung mit § 263a Abs. 2 StGB,
- Subventionsbetrug unter den in § 264 Abs. 2 Satz 2 StGB genannten Voraussetzungen und im Falle des § 264 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 263 Abs. 5 StGB,
- Sportwettbetrug und Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben unter den in § 265e Satz 2 StGB genannten Voraussetzungen,
- Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt unter den in § 266a Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 StGB genannten Voraussetzungen,
- Straftaten der Urkundenfälschung unter den in § 267 Abs. 3 Satz 2 StGB genannten Voraussetzungen und im Fall des § 267 Abs. 4, jeweils auch in Verbindung mit § 268 Abs. 5 StGB oder § 269 Abs. 3 StGB, sowie nach § 275 Abs. 2 und § 276 Abs. 2 StGB,
- Bankrott unter den in § 283a Satz 2 StGB genannten Voraussetzungen,
- Straftaten gegen den Wettbewerb nach § 298 StGB und, unter den in § 300 Satz 2 StGB genannten Voraussetzungen, nach § 299 StGB,
- gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c StGB, § 307 Abs. 1 bis 3 StGB, des § 308 Abs. 1 bis 3 StGB, des § 309 Abs. 1 bis 4 StGB, des § 310 Abs. 1 StGB, der §§ 313, 314, 315 Abs. 3 StGB, des § 315b Abs. 3 StGB sowie der §§ 316a und 316c StGB,
- Bestechlichkeit und Bestechung nach den §§ 332 und 334 StGB,
aus der Abgabenordnung:
- Steuerhinterziehung unter den in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO genannten Voraussetzungen, sofern der Täter als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach § 370 Abs. 1 AO verbunden hat, handelt, oder unter den in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO genannten Voraussetzungen,
- gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373 AO,
- Steuerhehlerei im Falle des § 374 Abs. 2 AO,
aus dem Anti-Doping-Gesetz:
- Straftaten nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 Buchstabe b AntiDopG
aus dem Asylgesetz:
- Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Abs. 3 AsylG,
- gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a AsylG
aus dem Aufenthaltsgesetz:
- Einschleusen von Ausländern und Personen, auf die das Freizügigkeitsgesetz/EU Anwendung findet, nach § 96 Abs. 1, 2 und 4 AufenthG,
- Einschleusen mit Todesfolge und gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97 AufenthG
aus dem Ausgangsstoffgesetz:
- Straftaten nach § 13 Abs. 3 AusgStG,
aus dem Außenwirtschaftsgesetz:
aus dem Betäubungsmittelgesetz:
- Straftaten nach einer in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
- Straftaten nach den §§ 29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b BtMG,
aus dem Konsumcannabisgesetz:
- Straftaten nach einer in § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 KCanG in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
- Straftaten nach § 34 Absatz 4 KCanG,
aus dem Medizinal-Cannabisgesetz:
- Straftaten nach einer in § 25 Absatz 4 Satz 2 Nr. 1 MedCanG in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen
- Straftaten nach § 25 Absatz 5 MedCanG,
aus dem Grundstoffüberwachungsgesetz:
- Straftaten nach § 19 Abs. 1 unter den in § 19 Abs. 3 Satz 2 GÜG genannten Voraussetzungen,
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
- Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3 und § 20 Abs. 1 und 2 sowie § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21 KrWaffKontrG,
- Straftaten nach § 22a Abs. 1 bis 3 KrWaffKontrG
aus dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz:
- Straftaten nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a NpSG,
aus dem Völkerstrafgesetzbuch:
- Völkermord nach § 6 VStGB,
- Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7 VStGB,
- Kriegsverbrechen nach den §§ 8 bis 12 VStGB,
- Verbrechen der Aggression nach § 13 VStGB,
aus dem Waffengesetz:
- Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 WaffG
- Straftaten nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Abs. 5 und 6 WaffG.
4. Einfacher Tatverdacht:
Es muss zumindest ein einfacher Verdacht einer erheblichen Straftat vorliegen.
5. Ermittlungserfolg durch andere Ermittlungsmaßnahmen erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert
Bei Beschuldigten muss der Ermittlungserfolg durch andere Ermittlungsmaßnahmen erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert ist; bei Zeugen muss der Ermittlungserfolg auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
Die Aufklärung der Straftat darf nicht durch andere oder gleichwirksame Ermittlungsmaßnahmen möglich sein. Die Öffentlichkeitsfahndung ist nur zulässig, wenn andere Ermittlungsmaßnahmen erheblich weniger Erfolg versprechend wären oder diese wesentlich erschweren würden. Gibt es jedoch mildere gleichwirksame Maßnahmen, wie Teekommunikationsüberwachung, Veröffentlichung im polizeilichen Intranet, Observation etc. sind diese Maßnahmen vorrangig zu ergreifen.
6. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Dabei ist bei schweren Delikten von der Ermittlungsmaßnahme Intimhandlungen, Sexualverkehr oder ein Tagebuch ganz oder teilweise von der Öffentlichkeitsfahndung ausgeschlossen. Dessen ungeachtet stellt sich diese Frage häufig nicht, da diese Bereiche für die Aufklärung einer Straftat in der Regel ohne Bedeutung sind.
Eine sorgfältige Einzelfallbetrachtung und Abwägung zwischen staatlichem Verfolgungsinteresse und Persönlichkeitsrecht des Betroffenen unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit ist erforderlich.
Bei einer Öffentlichkeitsfahndung zum Zwecke der Festnahme oder Verhaftung muss ein Haftbefehl vorliegen.
7. Anordnungskompetenz
Grundsätzlich kann die Staatsanwaltschaft, bei Gefahr im Verzug auch die Kriminalpolizei einer Öffentlichkeitsfahndung unter den oben genannten Voraussetzungen anordnen, die jedoch jederzeit gerichtlich überprüft werden kann.
Sollten Sie weitere Fragen haben, bitte ich sie nicht zu zögern, unsere Fachanwälte für Strafrecht zu kontaktieren. Wir vertreten und verteidigen sie bis zum bestmöglichen Ergebnis.