Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr - § 315b StGB

Unsere Empfehlung:

  • Antworten Sie nicht auf die Vorladung.

  • Gehen Sie nicht zur polizeilichen Vernehmnung.

  • Nehmen Sie Akteneinsicht.

  • Ohne anwaltliche Hilfe werden Sie den Tatvorwurf nicht abwenden.

Sofort-Kontakt:

Rechtsanwälte Lauenburg & Kopietz

Tel.: 040 / 39 14 08 (Rückruf-Service)
oder Anwaltsnotdienst außerhalb unserer Bereitschaften

JETZT TERMIN VEREINBAREN

E-Mail: lauenburg@ihr-anwalt-hamburg.de oder Kontaktformular 

Anfahrt mit dem Pkw oder ÖPNV.

1. Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, § 315b StGB
2. Tathandlungen
2.1. Tathandlung und dadurch verursachte Tatfolge
2.2. Gefährlicher Eingriff in des Straßenverkehr durch Unterlassen
2.3. Polizeiflucht
2.4. Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr durch den Beifahrer
3. Rechtsfolgen
4. Brauche ich einen Anwalt / Strafverteidiger 

1. Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, § 315b StGB

Diese Regelung schützt die Sicherheit des Straßenverkehrs sowie die Individualrechtsgüter Leib und Leben und fremde Sachen von bedeutendem Wert. Unter einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b StGB sind Eingriffe von außen, während bei der bloßen Teilnahme am Straßenverkehr § 315c StGB einschlägig ist. Allerdings ist der bewusste zweckentfremdete Einsatz eines Fahrzeugs z.B. als Waffe eine sogenannte Pervertierung eines Verkehrsvorgangs, die als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr bestraft wird. Der gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b StGB erfasst grundsätzlich nur Eingriffe, die von außen in den Straßenverkehr beeinträchtigen. In Abgrenzung dazu erfasst der Tatbestand der Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315c  Abs. 1 Nr. 2 StGB verkehrstypische Verhaltensweisen die sog. „sieben Todsünden im Straßenverkehr, welche die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährden können, und durch die Teilnahme an verbotenen Kraftfahrzeugrennen gemäß § 315d StGB ergänzt werden. Der Tatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schließt nach der Rechtsprechung zur Vermeidung von Strafbarkeitslücken auch Verhaltensweisen, die von der Unrechtsgehalt her jenen der Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB entsprechen, ein, nämlich solche Tathandlungen, die einen verkehrsfeindlichen Charakter besitzen und von außen in den Straßenverkehr hineinwirken. 

2. Tathandlungen

Die Tat muss im Straßenverkehr stattfinden. Der Straßenverkehr umfasst alle Verkehrsflächen, das sind Straßen, Wegen und Plätze. Der Begriff des Verkehrs erfasst Kraftfahrzeugen, Radfahrern und Fußgängerin dem nur ihnen zugänglichen Verkehrsraum. Andere Verkehrsarten werden von § 315b Abs. 1 StGB nicht erfasst.
Öffentlich ist der Straßenverkehr, wenn der Verkehrsraum entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder wenigstens allgemein bestimmte Gruppen von Personen zur Benutzung zugelassen ist.

Die Tathandlung ist die Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs, die dadurch zu einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder eine fremde Sache von bedeutendem Wert führen. 

2.1. Tathandlung und dadurch verursachte Tatfolge

Wer gemäß § 315b Abs. Nr. 1 - Nr. 3 StGB die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, dass er

  • Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt (z.B. Ampelanlagen, Verkehrsschilder, Schranken an Bahnübergängen beschädigt und zerstört, Bremsschläuche zerschneiden)
  • Hindernisse bereitet oder (z.B. Barrikaden auf der Straße)
  • einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt (z.B. Steine von der Autobahnbrücke werfen)

und 

  • dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet,
    wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Nr. 1: Beschädigen und Zerstören von Anlagen und Fahrzeugen: Anlagen sind hierbei feste und auf Dauer berechnete Einrichtungen, die dem Verkehr dienen. Fahrzeuge sind sämtliche im öffentlichen Verkehr vorkommende Fortbewegungsmittel zur Beförderung, unabhängig von ihrer Antriebsart. Der Täter muss diese Anlagen oder Fahrzeuge beschädigen oder zerstören. Beschädigen bedeutet in diesem Sinne, dass eine nicht ganz unerhebliche körperliche Einwirkung auf die Sache stattfindet, durch die ihre stoffliche Zusammensetzung verändert oder ihre Unversehrtheit derart aufgehoben wird, so dass die Brauchbarkeit für ihre Zwecke gemindert ist. Zerstören setzt jedes Beschädigen voraus, dass eine derart starke Einwirkung auf die Sache beinhaltet, dass die bestimmungsgemäße Brauchbarkeit der Sache völlig aufgehoben wird.

Nr. 2: Hindernisse bereiten: Hierdurch wird der regelmäßige Betrieb gehemmt oder gestört. Hindernisse sind alle mechanisch wirkenden Verkehrshindernisse, die auf einem verkehrsfremden Eingriff beruhen.

Nr. 3: Ähnliche gefährliche Eingriffe: Hierbei handelt es sich um einen sog. Auffangtatbestand. Dabei ist eine Auslegung an den § 315b Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB zu orientieren. Die Handlung des Täters muss unmittelbar auf einen Verkehrsvorgang einwirken.

Durch Verwirklichung einer dieser Tatmodalitäten muss der Täter die Sicherheit des Straßenverkehrs beeinträchtigen. Eine solche liegt vor, wenn der Eingriff eine Steigerung der normalen Betriebsgefahr hervorgerufen hat und der Verkehr folglich in seinem ungestörten Ablauf gefährdet wurde.

Letztlich müssen Leib und Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet werden. Dazu muss das Gefährdungsobjekt so in den Wirkbereich der schadensträchtigen Tathandlung gelangt sein, dass der Eintritt eines Schadens nicht mehr gezielt abgewendet werden kann und sein Ausbleiben folglich nur noch von bloßen Zufälligkeiten abhängt.

In subjektiver Hinsicht genügt ein vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln hinsichtlich aller objektiven Merkmale und Vorsatz oder Fahrlässigkeit hinsichtlich der Verursachung einer konkreten Gefahr für die Schutzgüter Leib und Leben eines Menschen oder Sachen von bedeutendem Wert. Gemäß §§ 315 Abs. 4 und Abs. 5 StGB kann die Tathandlung und die dadurch verursachte konkrete Gefahr für die Schutzgüter vorsätzlich, als auch durch eine vorsätzliche Tathandlung und eine fahrlässig verursachte konkrete Gefahr für die Schutzgüter und fahrlässige Tathandlung und fahrlässig verursachte konkrete Gefahr für die Schutzgüter begangen werden.

Durch Verweis von § 315b Abs. 3 StGB auf § 315 Abs. 3 StGB gelten qualifizierten Begehungsweisen und  die Erfolgsqualifikation gemäß § 315 Abs. 3 Nr. 1a und b StGB. Dies sind Fälle, in denen der Täter in der besonderen Absicht handelt

  • einen Unglücksfall (z.B. Amokfahrt, Geisterfahrer, Einsatz des Fahrzeugs gegen eine polizeiliche Maßnahme) herbeizuführen oder
  • eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken (z.B. Bankraub) oder
  • fahrlässig (§ 18 StGB) oder vorsätzlich durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht gemäß § 315 Abs. 3 Nr. 2 StGB.

Ohne Beistand eines Strafverteidigers kann Sie jede Äußerung gegenüber den Ermittlungsbehörden der Bestrafung zuführen. 

2.2. Gefährlicher Eingriff in des Straßenverkehr durch Unterlassen

Die Tathandlungen gem. § 315b Abs. 1 Nr. 1 – 3 StGB können gleichfalls durch ein Unterlassen begangen werden, wenn ein Kraftfahrer ein Hindernis nicht beseitigt, das er durch einen eigenen Unfall oder ein eigenes Fahrverhalten auf der Fahrbahn verursacht hat z.B. durch Nichtbeseitigung verlorener Fracht auf der Straße.

2.3. Polizeiflucht

Die „Polizeiflucht“ ist nach jetziger BGH-Rechtsprechung  zusätzlich erforderlich, 

  • dass der Täter mit der Möglichkeit der Verletzung des Polizeibeamten gerechnet und diese billigend in Kauf genommen hat oder
  • der Täter verfolgende Polizeifahrzeuge durch verkehrswidriges Verhalten abdrängen möchte

Nimmt der Fahrer nur eine Behinderung und Gefährdung der Polizisten als Folge seines Verhaltens billigend in Kauf, so scheidet eine Strafbarkeit gem. § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB  aus, da der Fahrer das Fahrzeug überwiegend als Fluchtmittel benutzt, so dass ein Eingriff vorliegt, der überwiegend aus dem Straßenverkehr heraus erfolgt und nicht verkehrsfeindlich ist. Jedoch dürfte in der Regel eine Strafbarkeit wegen Verkehrsgefährdung gemäß § 315c StGB vorliegen.

Setzt der Fahrer hingegen das Fahrzeug nicht nur als Fluchtmittel, sondern verkehrswidrig als Werkzeug zur Nötigung und Körperverletzung ein oder nimmt er eine Körperverletzung der verfolgenden Polizeibeamten billigend in Kauf genommen, ist in der Regel das Tatbestandsmerkmal "Bereiten eines Hindernisses" gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt.

2.4. Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr durch den Beifahrer

Als strafbare gefährliche Eingriffe des Beifahrers gelten gemäß § 315b I Nr. 3 StGB

das Abziehen des Zündschlüssels durch den Beifahrer während der Fahrt, so dass die Lenkradsperre ausgelöst wird oder aber das Ziehen der Handbremse bei 140 km/h, um den Fahrer zu einem langsameren Fahren zu veranlassen.
Entscheidend ist, dass der Beifahrer durch seine Handlungen die Funktion des Fahrzeugs pervertiert, d.h. funktionswidrig nutzt. Der Beifahrer wird rechtlich als normaler Verkehrsteilnehmer angesehen. Es gelten für den Beifahrer die gleichen Anforderungen wie für den Fahrer. Fehlt es an einem funktionswidrigen Eingriff bzw. Pervertierung der Funktion oder Funktionsweise des Fahrzeugs kann eine Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315c StGB vorliegen. 

3. Rechtsfolgen

Als Strafrahmen sieht das Strafgesetzbuch für § 315b Abs. 1 StGB entweder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor.

Nach Absatz 2 steht auch die versuchte Begehungsart unter Strafe.
 
(2) Der Versuch ist strafbar.
Absatz 3 beinhaltet eine Qualifikation des § 315b Abs. 1 StGB, mit einer entsprechend erhöhten Strafandrohung.
 
(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3 StGB, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
Dazu muss der Täter in der Ansicht handeln einen Unglücksfall herbeizuführen oder eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu entdecken oder durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursachen. Der Strafrahmen liegt dann bei Freiheitsstrafe zwischen einem Jahr und zehn Jahren.
Zudem regelt § 315b Abs. 3 StGB auch die minder schweren Fälle. Hier liegt der Strafrahmen bei Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
In der Absätzen 4 und 5 werden die sog. Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination und die fahrlässige Begehungsweise geregelt.
 
(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
 
(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
 
§ 315b IV StGB setzt dabei voraus, dass der Täter hinsichtlich seiner Tathandlung und der Gefährdung des Straßenverkehrs vorsätzlich gehandelt hat, während hinsichtlich der konkreten Rechtsgutsgefährdung nur Fahrlässigkeit vorliegen muss. Eine solche Tat wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

Für § 315b V StGB genügt eine reine fahrlässige Begehungsart. Hier sieht das Strafgesetzbuch einen reduzierten Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren vor.
 
Ein Strafbefehl für die §§ 315b I, IV, V StGB kann durchaus ergehen, jedoch ist eine mündliche Hauptverhandlung aufgrund des Charakters als konkretes Gefährdungsdelikt wahrscheinlicher.

Da es sich nicht um ein Antragsdelikt handelt können strafrechtliche Ermittlungen auch ohne vorherige Stellung eines Strafantrags eingeleitet werden. Unterschätzen Sie daher nicht vermeintlich “kleine Straftaten” und holen sie eine Beratung und eventuell eine Verteidigung durch einen Anwalt bzw. Strafverteidiger ein.

4. Benötigen Sie einen Anwalt / Strafverteidiger 

Der Tatvorwurf des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr ist derartig vielseitig und an Voraussetzungen gebunden, die man als Beschuldigter nicht überblicken kann. Um sich nicht selbst einer Bestrafung zu zuführen, sollten Sie unbedingt die Hilfe eines Strafverteidigers oder Strafverteidigerin in Anspruch nehmen. Beauftragen Sie uns so früh wie möglich; zu spät ist es fast nie. Rufen Sie uns an 39 14 08 oder lauenburg@ihr-anwalt-hamburg.de.