Falsche Verdächtigung - § 164 StGB

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1. Was ist eine falsche Verdächtigung ?
2. Typische Straftatbestände in Tateinheit mit einer falschen Verdächtigung
3. Was schützt der Tatbestand der falschen Verdächtigung ? 
4. Das Tatobjekt der Geschädigte
5. Der Adressat der falschen Verdächtigung
6. Die Tathandlung
7. Der Täter muss wider besseres Wissen handeln und amtlichen Verfahren / Maßnahmen mit Absicht herbeiführen oder fortdauern lassen
8. Brauche ich einen Anwalt ?

1. Was ist eine falsche Verdächtigung ?

Wer gemäß § 164 StGB einen anderen bei einer Behörde - Polizei, Zoll, Bundespolizei, Landeskirminalamt, Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, Militärischer Abschirmdienst, Staatsanwaltschaft auch ausländischer Behörde, wenn dies ein inländisches ermittlungsverfahren provoziert - oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger (Polizeibeamter, Zollbeamter, Feldjäger etc. oder militärischen Vorgesetzten (Bundeswehroffizier)oder öffentlich wider besseres Wissen

  • einer rechtswidrigen Tat oder
  • der Verletzung einer Dienstpflicht

in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, oder

  • allgemein über einen anderen wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die falsche Verdächtigung begeht, um eine Strafmilderung oder ein Absehen von Strafe wegen vorgeblicher Aufklärungshilfe oder Verhinderung von Straftaten

  • gemäß § 46b StGB 
  • gemäß § 31 BtMG (Betäubungsmittelgesetz)
  • § 4a AntiDopG (Antidopingesetz)
  • § 35 CanG (Konsumcannabisgesetzes)
  • § 26 MedCanG (Medizinal-Cannabisgesetzes)

zu erlangen.

In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

2. Typische Straftatbestände in Tateinheit mit einer falschen Verdächtigung

Sofern jemand  vor Gericht nicht nur uneidlich (= ohne Eid) falsch gemäß § 153 StGB vor Gericht aussagt, sondern mit seiner Aussage gleichfalls einen andere Person einer Straftat bezichtigt, kann er sich der falschen Verdächtigung (§ 164 StGB), Vortäuschen einer Straftat (§ 145d StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB), Verleumdung (§ 187 StGB), Begünstigung durch Belastung eines anderen, um dem eigentlichen Täter die Vorteile der Tat zu sichern (§ 257 StGB), der Strafvereitelung § 258 StGB und der Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft gemäß §§ 239, 25 Abs. 1 Alt. 2. StGB durch Provokation einer Festnahme oder eines Haftbefehls gegen den Betroffenen strafbar machen.

Im Gegensatz zu den Aussagedelikten, bei welchen der Täter sich nicht strafbar machen kann, wenn er gegenüber der Polizei und Staatsanwaltschaft falsch aussagt, ist eine Tatbegehung gegenüber diesen Stellen bei einer falschen Verdächtigung gemäß § 164 StGB möglich, da gemäß § 158 Abs. 1 StPO Strafanzeigen, mit denen gemeinhin falsche Verdächtigungen ausgesprochen werden, bei der Staatsanwaltschaft oder deren Ermittlungspersonen (im Regelfall Beamten der Kriminalpolizei) erstattet werden können.

3. Was schützt der Tatbestand der falschen Verdächtigung ? 

Das geschützte Rechtsgut des § 164 StGB die innerstaatliche Rechtspflege gegen Autoritätsverlust, Irreführung, Verfolgung Unschuldiger bis hin zu unbegründeter Inanspruchnahme Einzelner durch ungerechtfertigte behördliche Untersuchungsverfahren oder sonstige Maßnahmen hoheitlicher Art. Es genügt, das eines der beide Rechtsgüter verletzt wird. Eine rechtfertigende Einwilligung des Betroffenen, sich als Täter falsch verdächtigen zu lassen, um etwa ein anderes gegebenenfalls unter Bewährung stehendes Familienmitglied, Freund, Freundin etc. zu entlasten, damit dieses nicht aufgrund Bewährungswideruf wegen einer neuen Tat in den Strafvollzug muss, schließt demzufolge eine Strafbarkeit wegen falscher Verdächtigung nicht aus, da die Rechtspflege irregeführt wird.

Gemäß § 164 Abs. 2 StGB wird bestraft, wer bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich über einen anderen wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen. Hier genügt eine falsche Tatsachenbehauptung. 

4. Das Tatobjekt der Geschädigte

Die Tat muss sich gegen einen anderen richten. Diese Person muss ausreichend individualisiert sein, d.h. klar abgrenzbar von andern möglichen Personen bestimmt sein. Eine Selbstbezichtigung nicht nach § 164 strafbar. Sofern sich der Täter selbst einer Straftat bezichtigt, kann eine Strafbarkeit gemäß § 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB vorliegen. Das Bezichtigen eines Toten ist nach § 164 StGB straflos, jedoch möglicherweise wegen Verunglimpfung Verstorbener gemäß § 189 StGB strafbar.

5. Der Adressat der falschen Verdächtigung

Die Verdächtigung muss gegenüber einer Behörde i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 7 StGB (z.B. Gericht, Polizei, Zoll, Behörde, Bundespolizei, Grenzschutz und Staatsanwaltschaft) oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger (so z.B. der Polizist vor Ort gemäß § 158 Abs. 1 StPO) oder einem militärischen Vorgesetzten oder öffentlich (vor einer größeren, nicht durch persönliche Beziehungen berbundener Personenkreis) begangen werden.

6. Die Tathandlung

Die Tathandlung besteht darin, dass durch das falsche Verdächtigen der Tatverdacht auf eine bestimmte Person gelenkt oder ein bereits bestehender Verdacht verstärkt wird. Das Verdächtigen kann durch eine falsche Tatsachenbehauptungen, schlüssiges Verhalten, durch Mimik, Gestik oder Initierung oder Konstruktion belastenden Sachlage erfolgen.

Ein Verdächtigen liegt in einer unwahren Strafanzeige, in der Anzeigen des Besitzes von Kinderpornographie, die der Täter dem Angezeigten selbst oder über Dritte unter Vortäuschung einer Aufforderung dazu, zugesandt hat, in der Abgabe eines falsche Geständnisses unter konkreter Belastung eines unschuldigen Dritten oder unter falschem Namen, in der Präparierung eines Tatortes mittels persönlicher Gegenständige des falsch Verdächtigten, fremder Ausweispapiere, Verstecken von Diebesgut in der Wohnung eines Unschuldigen oder von Betäubungsmittel in der Zelle eines Mitgefangenen (sog. isolierte Beweismittelfiktion).

Das Leugnen der eigenen Täterschaft durch eine konkrete falsche Verdächtigung eines individualisierbaren oder bestimmten Dritten, stellt eine falsche Verdächtigung dar, wenn die falsche Verdächtigung nicht als mittelbar durch das Leugnens der eigenen Täterschaft bewirkt wird.

So stellt das Bestreiten der Fahrer einer Trunkenheitsfahrt mit einem oder mehreren Beifahrern gegenüber der Polizei keine falsche Verdächtigung dar, wenn der Täter durch Bestreiten der Fahrereigenschaft eine Bestrafung seiner Person im Rahmen des Selbstbegünstigungsprinzip gemäß § 258 Abs. 5 StGB straflos vereiteln oder gemäß dem Grundsatz nemo-tenetur, sich nicht selbst belasten und an seiner Strafverfolgung mitwirken zu müssen, durch Leugnung der Fahrereigenschaft zu verhindern sucht. Belastet oder benennt der Täter konkret einen ebenfalls alkoholisierten Beifahrer als Fahrer der Trunkenheitsfahrt, drängt sich der Verdacht einer falschen Verdächtigung auf, insbesondere dann wenn er dies durch falsche Beweismittel z.B. Zeugen den Beifahrer belastet.

Die Verdächtigung, die der Täter ausspricht oder sonst initiiert, vornimmt, muss falsch, d.h. objektiv unwahr sein. Die Verdächtigung ist nach der Rechtssprechung nur dann falsch, wenn sie nach ihrem Inhalt zumindest in wesentlichen Punkten mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt und der Beschuldigte die Handlung, die ihm angelastet wird, tatsächlich nicht begangen hat. 

Erstattet z.B. jemand eine Strafanzeige und verkennt dabei grob fahrlässig die Unrichtigkeit seiner Aussage, so kann er sich wegen Unterlassung gemäß §§ 164, 13 StGB strafbar machen, wenn er im Nachhinein seinen Irrtum erkennt, es nunmehr jedoch unterlässt, diesen gegenüber der Stelle, bei der er die Anzeige erstattet hat, aufzuklären.

7. Der Täter muss wider besseres Wissen handeln und amtlichen Verfahren / Maßnahmen mit Absicht herbeiführen oder fortdauern lassen

Der Täter muss in Bezug auf die behaupteten Tatsachen der falschen Verdächtigung „wider besseres Wissen“  und in der Absicht handeln, ein behördliches Verfahren oder andere Maßnahmen gegen den Betroffenen herbeizuführen oder fortdauern zu lassen. Dafür genügt, dass der Täter von Anfang an oder im Nachhinein sicher weiß, dass die Verdächtigung falsch ist und sein Verhalten die oben ausgeführten Folgen – behördliches Verfahren und Maßnahmen - initiieren, verursachen,, fortdauern lassen, nach sich ziehen. Der Täter muss um die Folgen positiv wissen und auf der Willensseite mmindestens billigend in Kauf nehmen.

8. Rechtswidrigkeit und Schuld

Die Rechtswidrigkeit kann zum Schutz der Strafrechtspflege und deren Ressourcen nicht durch Einwilligung des Betroffenen, falsch verdächtigt zu werden, ausgeräumt werden.

Der Straftatbestand der falschen Verdächtigung kann gleichzeitig bzw. in Tateinheit mit 

  • Aussagedelikten gemäß §§ 153 ff. StGB - , falsche uneidliche Aussage, Meineid etc.
  • Beleidigungsdelikten gemäß §§ 185 ff., Verleumdung, üble Nachrede
  • Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft gem. §§ 239, 25 Abs. 1 Alt. 2.
  • Vortäuschen einer Straftat gemäß § 145d StGB

begangen werden. 

8. Brauche ich einen Anwalt ?

Der Tatbestand der falschen Verdächtigung läßt Raum für Interpretationen. Jede Informationshereingabe in das Ermittlungsverfahren kann im Sinne des Tatvorwurfs interpretiert werden. Ohne fachkundige strafrechtliche Beratung werden Sie gegenüber der Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht nicht bestehen können. Rufen Sie uns an 040 39 14 08 oder schreiben Sie uns eine  E-Mail: lauenburg@ihr-anwalt-hamburg.de