Durchsuchung des Handys / Smartphones: Zangsweise Entsperrung des Handys / Smartphones durch Fingerabdruck oder Face-ID durch die Polizei erlaubt

Unsere Empfehlung:

  • Unter dem Schock der Festnahme gilt: Schweigen, Schweigen, Schweigen! Verlangen Sie eine(n) Strafverteidiger*in!
  • Sagen Sie nichts ! Unterschreiben Sie nichts! Erkennen Sie nichts an! Lassen Sie sich nicht überreden, anders zu handeln, etwa weil Ihnen dafür die Freilassung in Aussicht gestellt wird.
  • Verlangen Sie einen Rechtsanwalt zu sprechen: Tel.: 040 / 39 14 08 oder 0177 447 40 40 oder E-Mail: lauenburg@ihr-anwalt-hamburg.de.
  • Ihnen muss konkret vorgehalten werden, was man ihnen vorwirft.
  • Geben Sie lediglich Ihre Personalien an, wenn Sie sich dadurch nicht belasten. Die Nichtangabe stellt lediglich eine Ordnungswidrigkeit dar, so dass Sie spätestens nach 12 Stunden zu entlassen sind.
  • Beachten Sie die Verhaltensregeln unter 5. unten.

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1. Zwangsweise Entsperrung des Handys / Smartphone-Entsperrung mittels Fingerabdruck oder Face-ID durch Polizei ist erlaubt
2. Ihre Handy-PIN und deren Sicherheit
3. Ausgangssituation der Entscheidung des Bundesgeichtshofes
3.1. Entsperren des Handys ist unter 2 Vorassetzungen erlaubt
3.2. Der schwere Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung ist angesichts der Schwere des Tatvorwurfes gerechtfertigt.
3.3. Die Verhältnismäßigkeit ist nur bei schweren Straftaten und nicht bei Bagatellstraftaten gewahrt.
3.4. Vereinbarkeit mit EU-Recht
4. Was bedeutet diese Entscheidung für Betroffene bzw. Mobiltelefon- und Smartphone-Nutzer?
5. Fazit und praktische Verhaltenstipps
5.1. Praktische Tipps im Umgang mit Ermittlungsbehörden
5.2. Grundregel: 1. Schweigen! Schweigen! Schweigen! Verlangen Sie einen Anwalt!
5.3. Grundregel 2: Beauftragen Sie einen Strafverteidiger oder Fachanwalt für Strafrecht
5.4. Grundregel 3: Ob schuldig oder unschuldig: Es kommt nicht auf die Wahrheit an!
5.5. Wir beraten Sie gerne, im Notfall auch nachts!
6. Offene Fragen


1. Zwangsweise Entsperrung des Handys / Smartphone-Entsperrung mittels Fingerabdruck oder Face-ID durch Polizei ist erlaubt

Die Polizei hält Sie an, nimmt Sie in Gewahrsam oder hält Sie fest und möchte aufgrund eines konkreten Tatverdachts einer schweren Straftat Ihr Handy auslesen oder kontrollieren. Sie möchten das nicht und verweigern die Öffnung respektive den Zugang zu Ihrem Handy. Die Polizei erzwingt den Zugang zum Handy durch Aufhebung des biometrischen Schutzes durch Aufdrücken ihres Fingers oder Vorhalten des Handys vor ihr Gesicht, um das Handy mit der Face-ID zu öffnen.

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. März 2025 (Az. 2 StR 232/24) kann die Polizei aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses zwangsweise mit Ihrem Fingerabdruck oder Face-ID sich künftig als Zugang zu Ihrem Smartphone verschaffen, wenn ein konkreter Tatverdacht besteht.

„Der Versuch der Ermittlungsbehörden, Zugang zu den auf einem Mobiltelefon eines Beschuldigten gespeicherten Daten durch zwangsweises Auflegen von dessen Finger auf den Fingerabdrucksensor zu erlangen, ist von § 81b Abs. 1 StPO in Verbindung mit §§ 94 ff. StPO als Ermächtigungsgrundlage jedenfalls dann gedeckt, wenn eine zuvor nach §§ 102, 105 Abs. 1 StPO richterlich angeordnete Durchsuchung gerade auch dem Auffinden von Mobiltelefonen dient und der beabsichtigte Datenzugriff trotz seiner Eingriffsintensität verhältnismäßig ist.“

Dies betrifft alle Handy- und Smartphonenutzer, die ihre Geräte mit Fingerabdruck oder Gesichtserkennung sichern und bei denen ein solcher Verdacht besteht.

Ihr biometrischer geschützter Zugang (Finger/Gesicht) zu Ihrem Handy kann folglich erzwungen werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies für Sie, dass Sie den biometrischen Zugang zu Ihrem Handy deaktivieren und Ihre Daten durch einen mindestens 12-stelligen Code schützen und auch die übrigen Einfallstore wie Apps, die trotz Tastensperre funktionieren, schließen müssen. Denn die willentliche Preisgabe Ihres PINs darf nicht erzwungen werden.

2. Ihre Handy-PIN und deren Sicherheit

Eine 4-stellige PIN hat 10.000 Kombinationen, die durch einen Computer relativ schnell knackbar sind.

Eine 6-stellige PIN hat 1.000.000 Kombinationen. Je länger der Code, desto länger dauert es, ihn zu knacken. Ein Code mit 10 oder mehr Zeichen kann laut Mein-MMO die Knackzeit auf mehrere Wochen verlängern, während ein 6-stelliger Code die Zeit deutlich verlängert und ein 12-stelliger Code die Knackzeit auf über 500 Jahre verlängert, je nach Anzahl der erlaubten Zeichen. 

Alphanumerischer Code:

Ein 6-stelliger Code mit Groß-, Kleinbuchstaben und Sonderzeichen hat deutlich mehr Kombinationen als eine reine Zahlen-PIN. Erst ab einen nummerischen Code ab 12 Stellen ist Ihr Handy ausreichend gesichert.

Das Auflegen des Fingers oder der Vorhalt des Handys zur Entsperrung per Face-ID stellen eine „passive Duldung“ ähnlich dem Abnehmen von Fingerabdrücken oder einer DNA-Probe per Mundabstrich dar, während das Verraten eines Passworts eine „aktive Selbstbelastung“ wäre.

3. Ausgangssituation der Entscheidung des Bundesgeichtshofes

Anlass für die Entscheidung war ein Verfahren wegen des Verdachts der Herstellung und des Besitzes kinderpornografischer Schriften, welches auch Fotos und Videos umfasst, und wegen der Verletzung des lebenslangen Berufsverbots als Erzieher wegen einer entsprechenden Vorstrafe.

Der Beschuldigte wurde von den Ermittlungsbehörden vorgeworfen, die Schließung von Kitas aufgrund der SARS-CoV 19-Pandemie dafür genutzt haben, um sich über Internetportale trotz Berufsverbots als freiberuflicher Erzieher und Babysitter anzubieten und auf diese Weise in insgesamt acht Familien tätig geworden zu sein ud dabei kinderpornografische Fotos hergestellt zu haben.

Bei diesen Gelegenheiten soll der Beschuldigte erneut kinderpornografisches Material hergestellt haben, indem er zwei ihm anvertraute Zwillingsmädchen nackt in der Badewanne und beim An- oder Ausziehen der Unterhose von unten zwischen den Beinen der Mädchen – also keine natürlichen Fotos z.B. zur Dokumentation von Erkrankungen oder Verletzungen, sondern aus nicht lebensnaher, unnatürlicher Perspektive mit eindeutigem Fokus auf das Genital – fotografierte und auf seinen Smartphones speicherte.

Im Rahmen der Ermittlungen wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Berufsverbot und der Herstellung kinderpornografischen Materials erwirkte die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht Köln einen Durchsuchungsbeschluss der Wohnräume zum Zwecke des Auffindens von Mobiltelefonen gemäß § 81b StGB, mit denen der Beschuldigte Kontakt zu den Familien aufgenommen und Fotos hergestellt haben soll. Bei der Vollstreckung des Durchsuchungsbeschlusses weigerte sich der Beschuldigte die aufgefundenen zwei Handys / Mobiltelefonen freiwillig zu entsperren, so dass die Polizisten die verfahrensgegenständliche Anordnung der Beweissicherung durch Entsperrung des Handys durch Auflegen des rechten Zeigefingers auf den Fingerabdrucksensor des Handys bzw. des Mobiltelefons trafen und durch unmittelbaren Zwang umsetzten. Dies führte zu den Ermittlungsergebnissen, auf denen die Verurteilung des Beschuldigten beruhte.

Der Beschuldigte bzw. Revisionsführer machte geltend, dass für die zwangsweise Entsperrung der Handys / Mobiltelefone durch Fingerabdruck eine Rechtsgrundlage fehle, so dass ein Verwertungsverbot bestünde und seine Verurteilung rechtsfehlerhaft und aufzuheben sei.

Das Vorgericht, das Landgericht Köln, wies diese Einwände zurück und verurteilte den Mann unter anderem wegen des Verstoßes gegen das Berufsverbot in Tateinheit mit dem Herstellen kinderpornografischer Inhalte. Die Beweise vom Handy waren aus Sicht des Landgerichts verwertbar. Gegen dieses Urteil hatte der Mann Revision eingelegt, um das Urteil zur Aufhebung zu bringen.

Der Bundesgerichtshof hatte sich daher mit folgenden Fragen auseinanderzusetzen:

  • Lag im Rahmen der Durchsuchung für die Anordnung der polizeilichen Maßnahme und für die zwangsweise Entsperrung des Smartphones mittels Fingerabdrucks eine gesetzliche Grundlage vor?
  • Verletzte diese Maßnahme fundamentale Grundrechte des Beschuldigten, insbesondere die Selbstbelastungsfreiheit gemäß §§ 136, 136a, 163 StPO und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG)?

Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit und der Mitwirkungsfreiheit ist im Grundgesetz insbesondere im allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und im Rechtsstaatsprinzip (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) verankert. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird vom Bundesverfassungsgericht als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitet. Es schützt die Persönlichkeit, indem es jedem Einzelnen das Recht gibt, selbst zu bestimmen, wann und in welchem Umfang persönliche Daten erhoben, gespeichert und verwendet werden dürfen. Dies ist besonders wichtig in der heutigen digitalen Welt. 

Die entscheidende Frage war, ob die Ermittlungsbeamten aufgrund des richterlichen Durchsuchungsbeschlusses zur Anordnung der vorgenannten Maßnahme und zum unmittelbaren Zwang berechtigt waren oder vielmehr einer gesonderten richterlichen Anordnung für die polizeiliche Anordnung der Entsperrung und deren Durchführung mittels unmittelbaren Zwangs bedurft hätten?

Dabei ist in die Prüfung einzustellen, dass auf Handys und Smartphones Daten und Details des absoluten persönlichen Privat- und Intimbereiches gespeichert werden und für viele Menschen der zentrale Speicherort für intimste Details ihres Lebens darstellt.

3.1. Entsperren des Handys ist unter 2 Vorassetzungen erlaubt

Der 2. Strafsenat des BGH entschied, dass die zwangsweise Entsperrung des Mobiltelefons eines Beschuldigten durch Auflegen seines Fingers auf den Fingerabdrucksensor unter zwei Voraussetzungen ist rechtmäßig. 

Die richterliche Anordnung erfasst gemäß § 81b StPO die Durchsuchung des Mobiltelefons, d.h., es darf auf die Daten zugegriffen werden.
Die Maßnahme ist insgesamt verhältnismäßig, d.h. in Abwägung der betroffenen Grundrechte des Beschuldigten und dem Strafverfolgungsinteresse aufgrund der Schwere der Tat und zum Schutze der betroffenen Grundrechte der Kinder verhältnismäßig, d.h. geeignet, erforderlich und geboten als Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.
Die Anordnung der polizeilichen Maßnahme und des unmittelbaren Zwangs des Auflegens des Fingers auf die Fingerabdruckerkennung des Mobiltelefons gründet auf § 81b StPO. Nach dieser Vorschrift sind sogenannte erkennungsdienstliche Maßnahmen, wie die Aufnahme von Lichtbildern und Fingerabdrücken, wenn dies für die Durchführung des Strafverfahrens notwendig ist, erlaubt.

Der im Gesetzestext verwendete Begriff „ähnliche Maßnahmen“ in § 81b StPO erfasse gleichfalls moderne biometrische Identifizierungsverfahren. Das Auflegen des Fingers auf den Fingerabdrucksensor sei vergleichbar mit der Abnahme von Fingerabdrücken zu Vergleichszwecken. § 81b StPO ermächtigt die Polizei laut BGH nur zum eigentlichen Entsperrvorgang. Der Zugriff auf die Daten des Telefons und deren Auswertung ergibt sich einerseits aus der Beschlagnahme von Beweismitteln gemäß §§ 94 ff. StPO und andererseits aus deren Durchsicht und Auswertung gemäß § 110 StPO – Durchsicht von Papieren und elektronischen Speichermedien.

Ferner stellte nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes der Durchsuchungsbeschluss, der das Auffinden und die Auswertung der Mobiltelefone zum Ziel hatte, eine ausreichende Rechtsgrundlage dar, so dass keine weitere richterliche Anordnung für die Art und Weise der polizeilichen Annahme und des unmittelbaren Zwangs zu der Entsperrung per Fingerabdruck notwendig war. Dies bedeutet, dass, soweit aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses der Zugriff auf die Daten eines Mobiltelefons grundsätzlich erlaubt ist, sich diese Rechtsgrundlage auch auf die Überwindung technischer Sicherungen wie eine Fingerabdrucksperre und Face-ID erstreckt, die im Rahmen der Durchsuchung getroffene Maßnahme selbst auf einer gesetzlichen Grundlage, hier § 81b StPO, steht und verhältnismäßig ist.

3.2. Der schwere Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung ist angesichts der Schwere des Tatvorwurfes gerechtfertigt.

Der Zugriff auf die Daten eines Smartphones stellt zwar einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar, da in der Regel Mobiltelefone persönliche bis intime Informationen enthalten. Ein solcher Eingriff anhand

  • der gesetzlichen Grundlage
  • Schwere des Tatvorwurfes und
  • dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall
    zu prüfen.

Vorliegend sah der Bundesgerichtshof in Abwägung der Schwere des Tatvorwurfs der Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie einerseits und der Abwägung der Grundrechte der informationellen Selbstbestimmung, Mitwirkungsfreiheit, Selbstbelastungsfreiheit auf Seiten des Beschuldigten und dem Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung und der Persönlichkeitsrechte der Kinder andererseits den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Hinblick auf den richterlichen Beschluss, die Rechtsgrundlage der Maßnahme und die Art und Weise der Durchführung im konkreten Fall als gewahrt an.

Das Grundrecht der Selbstbelastungsfreiheit und Mitwirkungsfreiheit (nemo tenetur) ist bei passiver Duldung nicht verletzt.
Eine aktive Mitwirkung des Beschuldigten sei nicht erzwungen worden. Diese erfordere die Preisgabe eines Passworts oder einer PIN durch eine aktive, willentliche Handlung des Beschuldigten. Eine erzwungene Offenbarung seines Wissens verstieße gegen die Selbstbelastungsfreiheit. Dies läge bei einer passiven Duldung des Auflegens des Fingers nicht vor.
Passive Duldung: Das zwangsweise Auflegen des Fingers auf den Fingerabdrucksensor ist eine Maßnahme, die der Beschuldigte lediglich passiv dulden muss. Ein Körperteil wird hierbei als „Schlüssel“ benutzt. Der Beschuldigte muss gerade keine Aussage tätigen oder sein Wissen preisgeben. Dies sei vergleichbar mit erkennungsdienstlichen Maßnahmen wie der Abnahme von Fingerabdrücken für einen Abgleich, einem Mundabstrich für einen DNA-Vergleich oder der Entnahme einer Blutprobe, die ein Beschuldigter ebenfalls dulden muss.
Folglich werden biometrische Merkmale wie der Fingerabdruck, Face-ID anders behandelt als aktiv einzugebende Zugangscodes.

3.3. Die Verhältnismäßigkeit ist nur bei schweren Straftaten und nicht bei Bagatellstraftaten gewahrt.

Die Maßnahme ist verhältnismäßig, wenn der Eingriff in die Grundrechte des Beschuldigten in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der vorgeworfenen Tat und zur Bedeutung der zu erwartenden Beweise steht. Im Fall von Herrn K. und dem Verdacht auf Kinderpornografie – eine Straftat, die besonders schutzwürdige Rechtsgüter verletzt – sah der Senat die Verhältnismäßigkeit als gewahrt an. Es sei kein „schwerwiegender, bewusster oder objektiv willkürlicher Rechtsverstoß“ der Ermittler erkennbar gewesen.

3.4. Vereinbarkeit mit EU-Recht

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes stehe der EU-Datenschutzrichtlinie für Polizei und Justiz (Richtlinie der EU 2016/680) nicht entgegen, da der Zugriff auf die Daten einem anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Ziel, nämlich der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten, diene.

4. Was bedeutet diese Entscheidung für Betroffene bzw. Mobiltelefon- und Smartphone-Nutzer?

Dieser BGH-Beschluss ändert grundsätzlich ihre Datensicherheit.

Sie müssen als Mobiltelefon- und Smartphonenutzer bei Vorliegen eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses, aber auch absehbar bei einer Anordnung der Staatsanwaltschaft oder von Polizeibeamten als Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft damit rechnen, dass Ihr Handy bzw. Ihr Smartphone bei Tatverdacht schwerer Straftaten z.B. Betäubungsmittelvergehen, schwerer Diebstahl, schwerer Betrug, gefährliche Körperverletzung mit Ihrem Finger oder Ihrem Gesicht für Face-ID zur Entsperrung genutzt wird.

Ferner ist der Begriff der schweren Straftat unbestimmt und hinsichtlich milderer Straftaten erweiterbar.

Folglich ist Ihr Handy nur bei einem mindestens 12-stelligen Passwort/PIN ausreichend geschützt.

Ein Passwort ist sicherer vor polizeilichem Zwang als Fingerabdruck und Face-ID

Ihr Smartphone ist nur bei einem mindestens 12-stelligen vor dem nunmehr einfachen Zugriff zur Erlangung von Beweismitteln einigermaßen geschützt.

Fingerabdruck, Iris-Scan und Gesichtserkennung (Biometrie) können nach der Entscheidung künftig zwangsweise genutzt werden, da es als passive Duldung gilt.

Bei einem Passwort/PIN kann die Herausgabe rechtmäßig nicht erzwungen werden, da dies eine aktive Selbstbelastung wäre, die durch den nemo-tenetur-Grundsatz geschützt ist. Die Polizei kann Sie jedoch durch Täuschungen zur Preisgabe Ihrer Daten veranlassen.

5. Fazit und praktische Verhaltenstipps

Wer sich vor einem erzwungenen Zugriff auf sein Smartphone schützen möchte, muss auf die Sicherung durch biometrische Merkmale verzichten und stattdessen ein starkes, einzigartiges Passwort oder eine komplexe PIN verwenden. Viele Geräte erlauben eine Kombination oder das Deaktivieren der Biometrie in bestimmten Situationen.

5.1. Praktische Tipps im Umgang mit Ermittlungsbehörden

Sollten Sie in eine Situation geraten, in die Polizei sich Zugriff auf Ihr Smartphone verschaffen möchte, beachten Sie Folgendes:

Sie haben das Recht zu schweigen. Sie müssen aufgrund der Selbstbelastungsfreiheit und Mitwirkungsfreiheit nicht aktiv an Ihrer eigenen Überführung mitwirken. Das bedeutet für Sie, dass Sie keine Passwörter oder PINs nennen müssen. Wenn die polizei jedoch einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss für Ihr Handy 7 Mobiltelefon vorlegt und die Entsperrung per Fingerabdruck erzwingen möchte, müssen Sie diese Maßnahme nach aktueller BGH-Rechtsprechung dulden, sofern die Voraussetzungen insbesondere die Verhältnismäßigkeit bei schweren Tatvorwürfen gegeben ist. Es ist stets ratsam, in einer solchen Situation umgehend einen Rechtsanwalt zu kontaktieren, der die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen prüfen und Ihre Rechte wahren kann.

5.2. Grundregel: 1. Schweigen! Schweigen! Schweigen! Verlangen Sie einen Anwalt!

In der Drucksituation der Freiheitsbeschränkung / Freiheitsentziehung sollten Sie unbedingt dem natürlichen Impuls sich zur Sache oder zum Vorwurf äußern und sich verteidigen zu wollen, Ihr Handy zu entsperren, widerstehen und einen auf Strafrecht spezialisierten Anwalt / Fachanwalt für Strafrecht und Strafverteidiger beauftragen. Sie wissen nicht oder nicht genau, was die Polizei weiß, welche Tat / Täterhypothese sie verfolgt, wie und was protokolliert wird, ob seitens der Polizei Täuschungen eingesetzt werden. 

Nur ein auf Strafrecht spezialisierter Anwalt / Fachanwalt für Strafrecht und Strafverteidiger erkennt die Schlingen und Fallen, die Ihnen später zum Verhängnis werden können, völlig gleichgültig, ob Sie mit der Sache etwas zu tun haben oder nicht. Sie sind kein gleichberechtigter Partner der Polizei, sondern befinden sich objektiv in der Gewalt der Polizei und werden subjektiv durch die Wissensüberlegenheit des Ermittlungssachverhalts der Polizei der psychischen Drucksituation, Angst durch die Polizei beherrscht. Alles, was Sie sagen, selbst aufgrund von Täuschungen (siehe Vernehmung) kann und wird im Zweifel gegen Sie verwandt werden. 

Selbst hinsichtlich des Anrufes ihres Anwaltes / Strafverteidigers sind Sie auf rechtsstaatliches Verhalten der Polizei ausgeliefert, die Sie meist erst einmal vernehmen bzw. zum Sprechen bringen möchte, auch eventuell andere polizeiliche Maßnahmen vorschiebt, um den Schock der Verhaftung zu vertiefen, die Freiheitsentziehung verlängert, um Sie „weich zu kochen“ und dann jovial Ihnen informell das Gespräch sinngemäß mit den Worten anbietet (siehe Vernehmung): „Lassen Sie uns mal über diese Sache reden, damit Sie nach Hause können.“

In dieser Krise bedürfen Sie eines auf Strafrecht spezialisierten Anwalts / Fachanwalts für Strafrecht und Strafverteidigers, der für Sie im familiären, sozialen und beruflichen Umfeld die Situation angemessen kommuniziert und sich für Ihre Rechte und Belange einsetzt. Dazu zählt auch der professionelle Umgang mit den Medien.

Wenn Sie Fragen haben, rufen Sie uns unverbindlich unter Telefon 040/ 39 14 08, im Notfall hier klicken oder benutzen Sie das Kontaktformular oder E-Mail: lauenburg@ihr-anwalt-hamburg.de

5.3. Grundregel 2: Beauftragen Sie einen Strafverteidiger oder Fachanwalt für Strafrecht

Es ist ratsam, so früh wie möglich Kontakt zu einem geeigneten Strafverteidiger aufzunehmen; zu spät ist es (fast) nie.

In der (Ausnahme-) Situation des Beschuldigten / Betroffenen, der polizeilichen Vernehmung, der Durchsuchung, der Festnahme, der Verhaftung (Haftbefehl, Europäischer Haftbefehl, Internationaler Haftbefehl, Sicherungshaftbefehl, Vollstreckungshaftbefehl) hilft Ihnen der auf Strafrecht spezialisierte Anwalt / Fachanwalt für Strafrecht und Strafverteidiger, Ihre Rechte zu wahren und auszuüben. Jede Äußerung oder Handlung kann gegen Sie ausgelegt werden. Wichtig ist, dass Sie gleichgültig, ob Sie unschuldig sind oder etwas mit der Sache zu tun haben, auch unter tatsächlichem oder angeblichem Zeitdruck Folgendes beachten:

Sind Sie oder Nahestehende festgenommen oder verhaftet worden, sagen Sie nichts! Unterschreiben Sie nichts! Erkennen Sie nichts an! Verlangen Sie einen Anwalt! Rufen Sie uns an! Wir kämpfen für Ihre Freilassung!

Sie sind lediglich verpflichtet, Ihre Personalien anzugeben (§ 111 OWiG). Wenn Sie ihre Personalien, um sich nicht zu belasten, nicht angeben, können Sie bis zu 12 Stunden festgehalten werden. Andernfalls müssen Sie innerhalb von 48 Stunden dem Haftrichter vorgeführt werden.

Gemäß § 140 Absatz 1 Nr. 4 StPO ist dem Beschuldigten, gegen den Untersuchungshaft oder eine einstweilige Unterbringung vollstreckt wird, unverzüglich nach Beginn der Vollstreckung ein Verteidiger zu bestellen (siehe Pflichtverteidiger)

Unsere Kanzlei ist seit über 45 Jahren auf Strafrecht spezialisiert und verfügt über eine Fachanwaltschaft für Strafrecht und versierte Strafverteidiger.

5.4. Grundregel 3: Ob schuldig oder unschuldig: Es kommt nicht auf die Wahrheit an!

Es kommt nicht (!) darauf an, ob die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder das Gericht oder Sie selbst sich für schuldig oder unschuldig halten, ob der Tatvorwurf wahr oder falsch ist, sondern nur darauf, ob dieser Ihnen mit Hilfe der Strafprozessordnung und der hoffentlich richtigen Anwendung derselben nachgewiesen werden kann. Vielmehr ist die prozessuale Wahrheit, welche das Gericht mit der notwendigen Gewissheit feststellen muss, für Ihre materielle (z. B. bei einer Geldstrafe, Verfall, Vermögenseinziehung oder Arrest) und persönliche Freiheit entscheidend. Überlassen Sie dies nicht dem Zufall!

5.5. Wir beraten Sie gerne, im Notfall auch nachts!

In der Regel werden wir ein persönliches Gespräch vereinbaren. In diesem Gespräch werden wir versuchen, möglichst viele und genaue Informationen über Ihren Fall zu gewinnen. Deshalb ist es wichtig, dass Sie alle Unterlagen mitbringen. Wir werden Ihnen Ihre Ungewissheit nehmen, Verhaltensempfehlungen in Bezug auf das Verfahren aussprechen und eine vorläufige Einschätzung zu Ihrem Fall geben. Für eine genauere Einschätzung bedarf es der Einsicht in die Ermittlungsakte.

Nach der Akteneinsicht können wir Sie in einer weiteren Besprechung konkret beraten, Strategien mit Ihnen erarbeiten, Anträge und / oder Stellungnahmen an die Staatsanwaltschaft oder das Gericht erarbeiten, entwerfen und richten.

Für den Fall einer Gerichtsverhandlung werden wir Sie sorgfältig auf die Gerichtsverhandlung vorbereiten, Sie so weit wie möglich entlasten und für Sie das bestmögliche Ergebnis zu erreichen suchen.

Befinden Sie sich in (Untersuchungs-) Haft werden wir uns umgehend für Ihre Freilassung durch eine persönliche Kontaktaufnahme mit Ihnen und dem Gericht, durch einen Antrag auf mündliche Haftprüfung oder Haftbeschwerde etc. einsetzen.

Bei leichteren und mittelschweren Straftaten, z. B. im Verkehrsstrafrecht, kann bei klarer Beweislage oder Geständnis, welches Sie jedoch nie vorschnell, insbesondere nicht ohne Akteneinsicht und anwaltliche Beratung, abgeben sollten, unter bestimmten Umständen auch ohne öffentliche Verhandlung durch Strafbefehl das Strafverfahren beendet werden.

Wenn Sie Jugendlicher oder Heranwachsender sind, gilt für Sie das Jugendstrafrecht.

6. Offene Fragen

Wo verlaufen die Grenzen der Verhältnismäßigkeit: Bei welchen Straftaten ist ein solcher Eingriff noch verhältnismäßig? Genügt am Ende der Verdacht eines einfachen Diebstahl, wenn das Handy beweiserhebliche Daten enthalten könnte? Der BGH hat zwar den unbestimmten Begriff der Schwere der Tat zum Kriterium erhoben. Auslegung wird sich in der Praxis erweisen.

Die Entscheidung wird auf andere biometrische Verfahren wie Face-ID und Iris-Scan angewandt werden.

Cloud-Daten: Über das Mobiltelefon werden in der Regel auch alle Daten in der Cloud zugänglich sein, auf diesodann über das entsperrte Telefon zugegriffen werden kann.

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