StGB § 46 Strafzumessung beim Gehilfen aus eigenem Antrieb

 

BGH, Beschl. v. 27.01.2011 – 2 StR 577/10 - BeckRS 2011, 03858

Eine Tatbegehung aus eigenem Antrieb ist das Regelbild der Beihilfe; dieser Umstand darf daher nicht zu Lasten des Gehilfen straferhöhend gewertet werden.

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 15. Juni 2010 im Strafaus­spruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. Gründe: Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum schweren Raub unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Sondershausen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die dage­gen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision führt zur Aufhebung im Strafausspruch; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Ausführungen, mit denen das Landgericht das Vorliegen eines minderschweren Falls gemäß § 250 Abs. 3StGB abgelehnt hat, halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat zu Lasten der Angeklagten berücksichtigt, dass sie "aus eigenem Antrieb" gehandelt habe und nicht etwa durch den nicht revidierenden Haupttä­ter zur Beihilfe veranlasst worden sei. Dies stellt einen Verstoß gegen das Verbot der Doppelverwertung gemäß § 46 Abs. 3 StGB dar. Eine Tatbegehung aus eigenem Antrieb ist das Regelbild der Beihilfe; dieser Umstand darf daher nicht zu Lasten des Gehilfen straferhöhend gewertet werden. Auch die im Rahmen der Gesamtwürdigung und zu Lasten der Angeklagten erfolgte Wertung, schon das Handeln des Haupttäters sei nicht als minderschwerer Fall ein­zuordnen, stellt sich als rechtsfehlerhaft dar. Bei der Prüfung des Vorliegens eines minder schweren Falls des Beihil­fedelikts darf zwar auch das Gewicht der Haupttat mitberücksichtigt werden (BGHR StGB § 250 Abs. 2 Beihilfe 1, BGHR StGB vor § 1 minderschwerer Fall Gehilfe 2), nicht aber, ob sich das Handeln des Haupttäters insgesamt als minderschwerer Fall darstellt, weil insoweit nicht nur die die Tat betreffenden, sondern auch allein die die Person des Haupttäters betreffenden Umstände im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung Berücksichtigung finden müs­sen.

2. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der verhängten Einzelstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten und zur Aufhebung im Gesamtstrafenausspruch. Zwar hat das Landgericht den nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilder­ten Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB (zwei bis elf Jahre und drei Monate) zugrunde gelegt. Doch schon der ge­milderte Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB (ein Jahr bis zehn Jahre) wäre für die Angeklagte günstiger, wobei auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei zutreffender Gesamtwürdigung der Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB wegen des - zur Begründung des minderschweren Falles womöglich nicht benötigten - vertypten Strafmilderungs­grundes noch einmal herabgesetzt worden wäre. Der Senat kann daher schon nicht sicher ausschließen, dass der Tatrichter unter Zugrundelegung eines anderen Strafrahmens zu einer niedrigeren Einzelfreiheitsstrafe und zu einer insgesamt niedrigeren Gesamtfreiheitsstrafe gelangt wäre. Hinzu kommt, dass die Strafkammer auch bei der Straf­zumessung im engeren Sinne die vorgenannten Umstände wiederum strafschärfend berücksichtigt hat. Da die dem Strafausspruch zugrunde liegenden Feststellungen rechts-fehlerfrei getroffen sind, hat der Senat sie aufrechterhalten. Der zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen. Frau VRinBGH Rissing-van Saan Fischer Appl ist wegen Eintritts in den Ruhestand an der Unterschriftsleistung gehin­dert.

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