Erregung öffentlichen Ärgernisses - § 183a StGB

Unsere Empfehlung:

  • Es sollten frühzeitig Beweismittel (Zeugen, Gedächtnisprotokolle, Fotos, Filme, Aufnahmen von Überwachungskameras) gesichert werden, um etwa die Kausalität oder den vorsätzlichen Verletzungserfolg widerlegen zu können.
  • Bei einer frühen anwaltlichen Vertretung bestehen gute Chancen einer Einstellung mit oder ohne Geldauflage, Geldstrafe oder Freiheitsstrafe auf Vorbehalt ohne Eintragung im Bundeszentralregister.
  • Eine außergerichtliche Schadenswiedergutmachung kann eine hohe Verurteilung oder eine Verurteilung überhaupt abwenden. In jedem Fall führt diese zu einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 46 a StGB.

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1. Sie haben eine polizeiliche Vorladung erhalten ?
2. Wann liegt eine Erregung öffentlichen Ärgernisses vor ?
3. Was ist eine sexuelle Handlung im Sinne der Vorschrift ?
4. Wann ist eine Handlung öffentlich im Sinne der Vorschrift ?
5. Wann scheidet eine Strafbarkeit aus ?
6. Warum sollten Sie einen Strafverteidger beauftragen ?
7‌. Typische Fälle der Erregung öffentlichen Ärgernisses
8. Bei Nacktheit in der Öffentlichkeit werden folgende Handlungen nicht erfasst

1. Sie haben eine polizeiliche Vorladung erhalten ?

Sie haben eine polizeiliche Vorladung erhalten wegen des Verdachts Erregung öffentlichen Ärgernisses gemäß § 183 a StGB erhalten ?

Wir verteidigen Sie bundesweit im Ermittlungsverfahren, Zwischenverfahren und Hauptverfahren und in der öffentlichen Hauptverhandlung.

Sie sollten beim Vorwurf der Erregung öffentlichen Ärgernisses zu früh wie möglich Kontakt mit uns aufnehmen, bevor sich das Verfahren wie eine losgetretene Lawine verselbstständigt. In den meisten Fällen kann eine außergerichtliche oder gerichtliche Einstellung des Verfahrens erreicht werden.

2. Wann liegt eine Erregung öffentlichen Ärgernisses vor ?

Eine Erregung öffentlichen Ärgernisses ist dann gegeben, wenn eine Person öffentlich sexuelle Handlungen vornimmt und dadurch absichtlich oder wissentlich ein Ärgernis erregt. Ruhestörung unterfällt nicht dem Straftatbestand des öffentlichen Ärgernisses , sondern als Ordnungswidrigkeit § 117 OWiG oder § 9 HmbLärmSchG (Lärmschutzgesetz).

3. Was ist eine sexuelle Handlung im Sinne der Vorschrift ?

Mit sexueller Handlung ist die eine gezielte provokative Entblößungshandlung von einiger Erheblichkeit gemeint. Der Tatbestand der Erregung öffentlichen Ärgernisses ist ein Auffangtatbestand für Entblößungshandlungen, die nicht unter den Tatbestand des Exhibitionismus gemäß § 183 StGB fallen, der ausschließlich exhibitionistische Handlungen von Männern erfasst. Die Entblößungshandlung muss in der konkreten Umgebung und Situation objektiv geeignet sein, das Gefühl Dritter unmittelbar in einem nicht nur unerheblichen Maß zu verletzen. Eine nachträglich empfundene Verletzung ist irrelevant. Daneben bestehen noch Spezialtatbestände, die z.B. das Urinieren auf die Fahne der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 90a StGB erfassen.

§ 183a StGB Erregung öffentlichen Ärgernisses
Wer öffentlich sexuelle Handlungen vornimmt und dadurch absichtlich oder wissentlich ein Ärgernis erregt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 183 StGB mit Strafe bedroht ist.

4. Wann ist eine Handlung öffentlich im Sinne der Vorschrift ?

Die Handlung muss von einer unbestimmten Vielzahl von nicht durch persönliche Beziehungen verbundene Personen wahrgenommen werden. Ein geschlossener Personenkreis, z.B. auf einer in Räumlichkeiten stattfindenden Privatparty, FKK-Verein reicht hierfür nicht aus.

Die Handlung muss erheblich sein

Die Handlung ist erheblich, wenn diese die Möglichkeit in sich birgt bzw. geeignet ist, bei mindestens einer anderen Person ein Ärgernis auszulösen und tatsächlich zu einem Ärgernis führt, indem sich eine Person ungewollt unmittelbar ernstlich verletzt fühlt.

Das reine Erzeugen von Interesse, Neugierde oder Spaß bei einer anderen Person stellt noch keine strafbare Erregung öffentlichen Ärgernisses dar.

Bei öffentlichem Urinieren, Nacktbaden im See, Nacktsonnen, Flitzer im Stadion oder sexuelle Entblößungshandlungen an nicht für die Öffentlichkeit allgemein zugänglichen oder selten besuchten Orten wird die Schwelle der Erheblichkeit noch nicht überschritten sein, da die Person oder Personen zwar ein öffentliches Ärgernis möglichweise billigend in Kauf nehmen mögen – Ist mir egal, wenn das jeamnd wahrnimmt und sich daran jemand stört - , aber diese nicht ausschließlich bewusst und absichtlich darauf abzielen – ich möchte absichtlich ein Ärgernis provozieren und es kommt mir darauf an, ein Ärgernis herbeizuführen, das das Schamgefühl einer anderen Person oder anderer Personen in der Öffentlichkeit ernstlich verletzt.

Eine grob anstößigen und belästigenden nicht sexuelle oder Entblößungshandlung wird nicht durch den Straftatbestand des öffentlichen Ärgernis erfasst, sondern kann gemäß § 119 OWiG als Ordnungswidrigkeit sanktioniert werden. Als Ordnungswidrigkeit wird diese nicht in das Bundeszentralregister oder polizeiliche Führungszeugnisse eingetragen.

Es kommt daher bei der Beurteilung eines konkreten Sachverhalts stets auf eine Einzelfallentscheidung an, ob tatsächlich eine Erregung eines öffentlichen Ärgernisses oder eher eine grob anstößige und belästigende Handlung vorliegt,.

Grob anstößige und belästigende Handlungen gemäß § 119 OWiG:

‌(1) Ordnungswidrig handelt, wer 

‌1. öffentlich in einer Weise, die geeignet ist, andere zu belästigen, oder 
‌2. In grob anstößiger Weise dadurch, dass er einen Inhalt (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht, Gelegenheit zu sexuellen Handlungen anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt. 

‌(2) Ordnungswidrig handelt auch, wer auf die in Absatz 1 bezeichnete Weise Mittel oder Gegenstände, die dem sexuellen Gebrauch dienen, anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt. 

‌(3) Ordnungswidrig handelt ferner, wer einen sexuellen Inhalt (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) an Orten der Öffentlichkeit zugänglich macht, an denen dies grob anstößig wirkt. 

‌(4) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 mit einer Geldbuße bis zu eintausend Euro, in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.

5. Wann scheidet eine Strafbarkeit aus ?

Wenn es dem Handelnden nach den äußerlichen wahrnehmbaren objektiven Umständen nicht absichtlich auf die Erregung eines öffentlichen Ärgernisses ankam oder abzielte, sondern er dies nur fahrlässig oder billigend in Kauf nahm.

Eine Strafbarkeit scheidet weiter aus, wenn eine wirksame Einwilligung der Beobachter vorliegt (Geschlechtsverkehr im Livesextheater).

Der Strafrahmen erstreckt sich von Geldstrafe bis zur Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr.

6. Warum sollten Sie einen Strafverteidger beauftragen ?

Wenn Ihnen der Vorwurf der Erregung öffentlichen Ärgernisses gemacht wird, können wir in den meisten Fälle eine Einstellung bei der Staatsanwalstchaft schon im Ermittlungsverfahren erwirken. Eine Verurteilung zu einer Geldstrafe wird mindestens 10 Jahre, zu einer Freiheitsstrafe mindestens 10 bis 15 Jahre im Bundeszentralregister bzw. 10 Jahre im Führungszeugnis stehen. Dies kann weitreichende Folgen für ihre Berufslaufbahn haben. Der Strafverteidiger kann in den meisten Fällen das Ermittlungsverfahren ohne  Eintragung in das Führungszeugnis oder Bundeszentralregister zur Einstellung bringen oder durch Herabstufung als nicht eintragungsfähige Ordnungswidrigkeit ohne Eintragung beenden.

7‌. Typische Fälle der Erregung öffentlichen Ärgernisses

  • Geschlechtsverkehr, nicht jedoch in einen Theater für Livesex auf der Bühne
  • Oralverkehr
  • Masturbation / Selbstbefriedigung
  • Analverkehr
  • Manipulationen entblößter Geschlechtsteile, d.h. beim Streichel des Geschlechtsteils über der Bekleidung entfällt der Tatbestand

Gleichfalls macht sich ein „Flitzer“ während eines Fußballspiels nicht wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses strafbar.

8. Bei Nacktheit in der Öffentlichkeit werden folgende Handlungen nicht erfasst

Nicht erhebliche sind Handlungen wie:

  • Sonnenbaden mit freiem Oberkörper
  • Nacktbaden
  • ‌Ausziehen und Entkleiden
  • Anfertigen von „Nackt-Selfies“
  • Striptease
  • Berühren und Betasten der Brust
  • Anfassen oder Streicheln bekleideter Geschlechtsorgane 

Die  Öffentlichkeit ist auf Straßen, Plätzen, in öffentlichen Hauseingängen, Parks oder einem öffentlichen Gebäude gegeben. Nicht jederzeit zugängliche Orte wie Privatstraßen, private Gärten, Kleingartengelände, leerstehende Immobilien, freie Natur, Hinterhöfe, Garagen, nur gelegnetlich benutzte Waldwege gelten nicht als Öffentlichkeit. Sexuelle Handlungen in einem Auto auf einem öffentlichen Parkplatz sind selbstvertständlich öffentlich. Gleichfalls absichtlich sichtbarer Sexualverkehr oder Masturbation am offenen Fenster einer Privatwohnung. Sexuelle Handlungen innerhalb geschlossener Kreise (z. B. FKK-Strand, Swingerclub, Sextheater, Verein) sind gemäß § 183a StGB nicht strafbar.